Im schweizerischen Strafgesetzbuch lautet Artikel 322septies: «Wer einem Mitglied einer richterlichen oder anderen Behörde, einem Beamten, einem amtlich bestellten Sachverständigen, Übersetzer oder Dolmetscher, einem Schiedsrichter oder einem Angehörigen der Armee, die für einen fremden Staat oder eine internationale Organisation tätig sind, im Zusammenhang mit dessen amtlicher Tätigkeit für eine pflichtwidrige oder eine im Ermessen stehende Handlung oder Unterlassung zu dessen Gunsten oder zu Gunsten eines Dritten einen nicht gebührenden Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt, … wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.»
Da kam also eine Gruppe von Wirtschaftsmagnaten aus der Schweiz, die sich durch Beziehungen direkten Zugang zu Präsident Trump im Weissen Haus verschafft hatten und dann wie eine Gruppe Konfirmanden vor ihm hinter seinem Pult sassen. Also nicht in einer Art, wie üblicherweise Verhandlungen geführt werden. Dafür hatten sie (vermutlich) kein Mandat.
Darauf überreichte einer, Herr Fredy Gantner, Partners Group, Präsident Trump eine Rolex-Uhr kaum der «billigeren» Sorte, augenscheinlich in Gold, und ein Kilogramm Gold. Sie alle kamen wegen der 39%-Import-Zölle, die Trump der Schweiz aufgebrummt hat. Was heisst das in diesem Zusammenhang?
Dass Präsident Trump Mitglied einer Behörde, Vorsitzender der US Regierung ist, steht ausser Zweifel. Bis zum Entscheid des US Supreme Court, ob der Präsident für das Festlegen der Zölle zuständig ist und ihm diese Kompetenz allenfalls abspricht, liegt es in Trumps Ermessen, wie mehrfach praktiziert, gegenüber anderen Ländern Importzölle festzusetzen. Das hat er gegenüber der Schweiz getan: 39%. In seinem bisherigen Ermessen liegt es auch, diesen Prozentsatz wieder zu verändern. Das scheint er angeblich angekündigt zu haben.
Das von Herrn Gantner und Co. überreichte Geschenk, die Rolex-Uhr und der Goldbarren, ist ein Trump nicht gebührender Vorteil. Zumindest die Uhr ist ein persönliches Geschenk. US-Präsidenten sollten eigentlich von anderen Staaten bzw. deren Vertretern erhaltene Geschenke abliefern. Doch was soll dieses eine Kilogramm Gold gegenüber den rund 8’100 Tonnen derzeit in amerikanischem Besitz? Es kann daher nicht bezweifelt werden, dass Uhr und Gold dem amerikanischen Präsidenten persönlich geschenkt worden sind, um ihn zu einer Reduktion der Zölle gegenüber der Schweiz zu bewegen. Damit steht auch fest, dass Uhr und Goldbarren mit Wissen und Willen, also vorsätzlich, geschenkt worden sind. Somit haben Herr Gantner und Co. den Tatbestand der Bestechung eines fremden Amtsträgers erfüllt.
Es ist zu hoffen, dass der Bundesrat von der Geschenkabsicht der Gruppe nichts gewusst hat, sonst stellte sich auch die Frage, ob er den Tatbestand der Gehilfenschaft zur Bestechung eines fremden Amtsträgers erfüllt haben könnte.
In der Schweiz gefällt man sich, herablassend über die Korruption in anderen Ländern zu befinden. Goethe schrieb einmal: «Ein jeder kehre vor seiner Tür.»