Direkt zum Inhalt
  • Politik
  • Kultur
  • Wirtschaft
  • Gesellschaft
  • Medien
  • Über uns
close
Zwischenruf

Erstes Halbjahr: Präsident Trump auf Schleuderkurs

30. Juli 2017
Peter Studer
In der Regel läuft Washingtons Regierungsmaschinerie Ende Juli in ruhiger Monotonie: Letzte Abstimmungen im Kongress vor der Sommerpause. Dieses Jahr ist es anders.

Gerüchte jagen sich; Trumps Familienclan rückt zusammen; der Präsident fordert Loyalität im republikanisch dominierten Kongress: viele von Trump hart gescholtene Medien – New York Times und CNN vor allem – schauen spöttisch zu.

Tatsächlich ist Trump, der den „Washingtoner Sumpf“ in grosser Eile trockenlegen wollte, bisher nichts gelungen. Der oberste Gerichtshof hat seine Einwanderungssperre gegen Leute aus etlichen muslimischen Staaten abgeschwächt; der Rückruf des Sozialversicherungssystem „Obamacare“ ist im Senat gescheitert; eine Ernennung von 200 Spitzenbeamten ist erst für 50 von ihnen im Trockenen. Sein Justizminister, den er loswerden wollte, kümmert sich nicht um den nahegelegten Rücktritt.

Ein besonders unglückliches Händchen hatte Trump bei der letzten wichtigen Postenbesetzung. Es geht um den Kommunikationschef des Weissen Hauses, denn es ist Trump nicht entgangen, dass seine Zustimmungsrate bei letzten Umfragen erstaunlich tief ist. Ende nächstes Jahr finden Kongresswahlen statt.

Neuer Kommunikationschef wurde Anthony Scaramucci, der als Banker bei Goldman Sachs und als freier Hedge-Fund-Unternehmer viel Geld verdient hatte, aber in seinen politischen Neigungen eher ungefestigt war – bis er auf Donald Trump traf. Trotz Warnungen aus Trumps Stab gehört er zu den hundertprozentigen Loyalisten hinter dem Präsidenten. Das ist die Grundmelodie in den ersten Intervews, die er jetzt gab. Schon eher überraschte die rüde Sprache, die man in Washingtons oberen Rängen so noch nicht gehört hatte. Den soeben entlassenen Stabschef Reince Priebus nannte er schizophren, den amtierenden Chefstrategen Trumps, Steve Bannon, einen unermüdlichen Onanisten – eigentlich noch saftiger.

Das meistzitierte grobe Interview mit Scaramucci hatte ein seit vielen Jahren im Presseraum des Weissen Hauses akkreditierter Journalist, Ryann Lizza, geführt. Er schreibt ohne Fehl für den „New Yorker“, ein inhaltlich und sprachlich hochangesehenes Magazin. Darf man ein solches Interview verbreiten?, fragten einige besorgte Medienethiker. Lizza beharrte darauf. Der Interviewgeber ist deklarierter hochrangiger Kommunikationschef. Er hätte einige Zitate „off the record“ erklären können, dann hätte ich um Freigabe ersuchen müssen. „Das  tat er nicht. Ich durfte deshalb vermuten, dass die Interview-Antworten einiges über die Stimmung im Weissen Haus verraten.“

Natürlich wirft das ein Licht auf die mangelnde Professionalität des Weissen Hauses und seinen Chef, dessen stimmungsgeladene Twitterantworten sich mehr auf kritische Medienäusserungen und unliebsame Abstimmungen beziehen als auf ernsthafte komplexe Regierungsarbeit.

Peter Studer war in den 1970er Jahren Amerikakorrespondent des Tagses-Anzeigers und im Weissen Haus akkreditiert.

Letzte Artikel

Sprachlosigkeit Europas

Markus Mohler 19. Dezember 2025

Esprit de géométrie und esprit de finesse

Urs Meier 19. Dezember 2025

Der Historienmaler Jacques-Louis David im Louvre

Patrick Straumann 18. Dezember 2025

Haben die Grünen Zukunft? Wie stehen sie zur Wehrpflicht?

Tim Guldimann 18. Dezember 2025

Keine Brücke nach Sizilien

Heiner Hug 17. Dezember 2025

Europäer stützen Selenskyj gegen Trump und Putin

Reinhard Meier 17. Dezember 2025

Newsletter abonnieren

Abonnieren Sie den kostenlosen Newsletter!

Abonnieren Sie den kostenlosen Newsletter!

Zurück zur Startseite
Journal 21 Logo

Journal 21
Journalistischer Mehrwert

  • Kontakt
  • Datenschutz
  • Impressum
  • Newsletter
To top

© Journal21, 2021. Alle Rechte vorbehalten. Erstellt mit PRIMER - powered by Drupal.