Dante Andrea Franzetti

Dante Andrea Franzetti, Schriftsteller und Journal21-Autor, hat im "Journal 21" mehrere satirische Texte über einen Schweizer Chefredaktor geschrieben, die kürzlich in einem Buch veröffentlicht worden sind. Aus aktuellem Anlass hat Franzetti jetzt einen Nachtrag geschrieben.

Kein Jahres- und Todestag, keine neue Verfilmung und Übersetzung, nach wie vor nur eine Biographie in deutscher Sprache: nichts Neues über den grossen Krimiautor Raymond Chandler (1888 - 1959). Oder vielleicht doch, ein kleiner Käfer in einem grossen Roman.

Es war einmal Lützelflüh und eine Zeit, als viele Schweizer viele Italiener aus dem Land treiben wollten. Der italoschweizerische Autor Francesco Micieli bearbeitet dicht und einfühlsam die Atmosphäre unter den eingewanderten Italienern vor der sogenannten Schwarzenbach-Initiative im Jahr 1970.

Dies ist die 21. und letzte Kolumne des Schriftstellers Dante Andrea Franzetti über einen gewissen Roger Rightwing. Doch Franzetti bleibt unserem Journal 21 erhalten.

„Finden Sie das angebracht?“ - Roger Rightwing sass in geblümten Shorts, Espadrilles, Haiwaiihemd und Strohhut auf der Couch. Er hatte jenes überlegene Lächeln im Gesicht, jenes Funkeln in den kleinen schwarzen Pupillen, die Wachsamkeit, Brillanz und Perfidie signalisierten.

„Finden Sie das angebracht?“ Roger Rightwing sass in geblümten Shorts, Espadrilles, Haiwaiihemd, Strohhut und mit einer Zigarre im Mund auf der Couch.

Der Tiger ist los! In dem Moment, wo ich das schreibe, streunt die vom grün angehauchten Zoopersonal in naiver Naturseeligkeit Ruby Raubkätzchen genannte Bestie in Zürichs Strassen, auf Zürichs Plätzen, in den Gässchen und Pärken der Stadt herum.

Roger Rightwing hatte sich vom Schreck erholt, nachdem Bänz Ödelis blutendes Hosenbein bandagiert worden war - tatsächlich das Hosenbein: Katjuscha, die Redaktionssekretärin, hatte ihm den Verband um die Hose herum angelegt.

Es waren nur wenige Leute im Sitzungssaal. Einige waren auf der Piste, andere waren dispensiert: Sie telefonierten herum, suchten Daten zusammen - echte, für einmal! -, interviewten Zoologen und Panikforscher.

Der Kofferdeckel ist aufgeschlagen, und sogleich verstaut Roger Rightwing in dessen Innentasche die Karte der Cinque Terre, den Hotelführer “Best Sleep in Rome”, das rote Büchlein mit den Sprüchen von Mao Tse Tung, die biegbare Gummisonnenbrille, die angebrauchte Packung mit den Präservativen “Come Don” und eine neue Packung Immodium.

Hoppla! Beinahe gleichzeitig sind zwei Texte zum selben Thema erschienen: an dieser Stelle bereits einer von Roger Rightwing über sein erstes Date mit seiner zukünftigen Frau Marie-Lou. Und in der Frauenzeitschrift "Barbarella" ein Interview mit Marie-Lou Rightwing, ebenfalls zum ersten Date.

Was bisher geschah: Die Frauenzeitschrift Barbarella hat Roger Rightwing zum ersten Date mit seiner zukünftigen Frau Marie-Lou interviewt. Das heisst: Zur Frage über das Date kam es gar nicht.

BARBARELLA: Wie Sie wissen, Herr Rightwing, starten wir von der Frauenzeitschrift Barbarella die Serie: “Das erste Date der tollsten Paare”. Und da haben wir gleich an Sie, den feingeistigen Souffleur, und an Ihre wunderschöne und geheimnisvolle Frau Marie-Lou gedacht, die sich so vornehm zurückhält.

KL: Linke Lehrer, lasches Lernen, Larifari: Leckmeramarsch!

Roger und Marie-Lou liegen im Bett, die Turmuhr schlägt gerade zur elften Stunde. Rightwing zieht seufzend die Lesebrille von der Nase und wirft die Financial Times auf den Kalahari-Teppich. Marie-Lou ahnt: Etwas treibt ihn um, er will wieder reden.

Ödeli setzt sich in die linke Ecke des Hufeisens. Das ist noch kein vollkommenes Versteck, aber wenn die Verspäteten eintrudeln, werden sie sich vor ihn hinstellen und ihn verdecken. Eine Kreativsitzung zum Wahlkampf, das ist ein Widerspruch in sich selbst.

Roger Rightwings Vater war Kommunist. Parteilos.
Rogers Grossvater war Mitglied bei den Sozialdemokraten, aber Kommunist. Er hängte nur widerwillig Stalins Porträt von der Wand in der Stube (Bernoullihäuser). Viele machen jetzt Aaah! Doch der Kommunismus erklärt nicht alles. Der Kommunismus erklärt gar nichts. Roger Rightwing ist komplex.

Woher kam der Geruch? Irgendwo verströmte irgendetwas einen Gestank im Redaktionsraum. Einen Gestank aus faulendem Gemüse, ranzigem Käse, Schweiss und Urin.

“Vader’s Vademecum” lag auf Roger Rightwings Knie. Er blätterte pflichtschuldig darin herum.

Stomp, der Korrektor, stiess Ödeli mit dem Ellbogen an und verdrehte die Augen. Kreativsitzung! Immer dasselbe Ritual.