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Satyrikon [5]

Roger Rightwing sammelt für einen guten Zweck

25. April 2011
Dante Andrea Franzetti
Stomp, der Korrektor, stiess Ödeli mit dem Ellbogen an und verdrehte die Augen. Kreativsitzung! Immer dasselbe Ritual.

Roger Rightwing: “Wo wachsen die schönsten Blumen?”

Redaktion im Chor: “Auf dem Mist!”

Roger: “Wo spriessen die besten Ideen?”

Redaktion: “Auch auf dem Mist!”

“So! Spriesst mal. Blüht. Redet Mist. Wer ist unser nächster Feind?”

Ödeli schwitzte. Er hatte eine Idee, die Mist war, aber er wagte es nicht. Feind? Die Caritas.

Der Korrektor Stomp hätte es gewagt, er stand kurz vor der Pensionierung. Es krochen aber nur vernünftige Ideen aus seinem Bart. Roger Rightwing predigte jeweils: “Eine vernünftige Idee könnt ihr euch im Staatsfernsehen ansehen, Sternstunde Pfillosoffii. Wir brauchen Irrsinn mit Feinsinn, Geistheit mit Geilheit. Seid kreativ!”

“Gut, dann versuchen wir es mit diesem explodierten Kernkraftwerk, Fukushima. Wer wagt es?”

“Caritas.”

Scheisse, das war Ödeli rausgerutscht.

“Hm. Wie kommst du darauf?”

“Die Caritas schlachtet das Unglück aus. Für Eigenwerbung.”

Ödeli schwitzte. Genaugenommen war die Idee nicht mal guter Mist. Über eine Kampagne gegen die Hilfswerke hätte sich kein Leser der Zeitschrift gewundert.

“Wir sollten auch sammeln“, warf unerwartet Stomp ein, “alle Medien tun das.”

Roger Rightwing klöppelte mit den Fingern auf die Tischplatte. Das tat er immer, wenn er (seine Worte) “den Mist umrührte“.

“Hm, alle sammeln, wir sammeln auch. Was unterscheidet uns?”

“Wir sammeln“, hörte man die Fiepsstimme der Kulturressortleiterin, Kulturredaktorin, Kulturkorrespondentin, Kulturreporterin in Personalunion (30%-Stelle, halbe Seite), “wir sammeln nicht für die Opfer wie die anderen, wir sammeln stattdessen…”

“Für Michael Kohn, den Atompapst!”

Was war mit Stomp? Er prustete los und konnte sich kaum halten.

“Sorry, war nicht ernst gemeint.”

Jetzt! Er funkelt. Der ganze Roger Rightwing funkelt. Augen, Ohren, Beine, Arme, Nase, Zähne funkeln. Er ist radioaktiv geworden.

“Stomp, das ist genial. Und ohne Ödeli… Setz er sich wieder, Bänz, er braucht sich nicht zu verneigen! Ohne Ödeli und die Caritas. Und danke Felicitas.” (Gemeint war die Kultur-und-so-weiter-Dame).

“Caritas. Sammeln. Atompapst. Habt ihrs?”

Ödeli schwitzte. Wenn er mich jetzt fragt, habe ich alle Punkte wieder weg, die ich mir heute geholt habe.

“Na? Fukushima ist fukufutsch. Was braucht die Bevölkerung?”

Ein Raunen: “Ahhh.”

Groschen gefallen! Auf Roger Rightwing zeichnete sich ein sauberes Lächeln ab - nur Feinde meinten, es sei ein dreckiges -, ein Lächeln, so sauber wie der Atomstrom.

“Genau! Die Bevölkerung braucht ein neues Kernkraftwerk. Und dafür richten wir das Spendenkonto ein.”

Ödeli wollte klatschen, liess es aber bleiben. Stomp sah entgeistert in die Runde. Heute war erster April und er hatte nur einen Scherz…

“Und, hm. Michael Kohn schreibt den Spendenaufruf? Und er spendet die ersten zehn Franken? Gut. Sehr gut. Wir sehen.”

Roger Rightwing stand auf, strich sich Hemd und Krawatte glatt und gab das Zeichen: “Wo gedeihen die schönsten Blumen?”

Im Chor: “Auf dem Mist!”

“Wo erblühen die besten Ideen?”

“Auch auf dem Mist!”

“Kreativsitzung beendet.”

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