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Kommentar 21

Sich Unabhängigkeit leisten

7. Dezember 2015
Urs Meier
In der Medienbranche vergeht kaum ein Monat ohne Meldungen über Verluste und Abbau. Jedesmal droht ein Stück Qualität verloren zu gehen.

«Unabhängigkeit muss man sich leisten können. Wir können es.» Mit diesem Statement auf einem ganzseitigen Inserat eröffnete der Chefredaktor der «Neuen Zürcher Zeitung» die laufende Imagekampagne für sein Blatt. Er will uns wohl sagen, der NZZ gehe es wirtschaftlich immer noch so gut, dass sie ihre journalistischen Aufgaben frei von Beschränkungen und Pressionen erfüllen könne. Das ist erfreulich. Rein logisch bedeutet die Aussage allerdings auch, die NZZ würde, ginge es ihr wirtschaftlich schlecht, journalistisch zurückstecken und von ihrer Unabhängigkeit abrücken.

Dieser Tage hat «Der Spiegel» bekanntgegeben, er werde jede fünfte Stelle seiner 750köpfigen Belegschaft streichen. Der Spiegel-Verlag ist mit seinen Problemen keine Ausnahme. Alle paar Wochen machen solche Neuigkeiten aus der Medienbranche die Runde. Tageszeitungen und Magazine sind zumeist im Krebsgang, auch in der Schweiz. Seit Jahren verlieren sie an verkaufter Auflage und Inseraten. Manchmal mit lautem Knall, meist aber schleichend werden die Redaktionen ausgedünnt. Die Folge: Überlastete Journalistinnen und Journalisten übernehmen mehr PR-Material und haben weniger Zeit für Recherchen sowie redaktionelle Sorgfalt. Auf der Strecke bleiben Unabhängigkeit und Qualität.

Einen radikalen Ausweg aus dieser Zwangslage beschreitet der Verleger und Chefredaktor der traditionsreichen Kulturzeitschrift «Du». Wie die «WoZ» berichtet, verzichtet er darauf, eine Redaktion zu beschäftigen und bietet statt dessen den redaktionellen Teil seines Magazins gegen Bezahlung als Plattform an – ein publizistischer Selbstmord aus Angst vor verlegerischem Siechtum. Auch in anderen Medien rückt Werbekommunikation vor zulasten von Journalismus. Publireportagen, Advertorials, bezahlte Themenbeilagen und andere Formen von Schleichwerbung (verschleiernd als «Native Advertising» bezeichnet) dehnen sich immer dreister aus.

Das Geschäftsmodell für die Presse im digitalen Zeitalter ist bekanntlich noch nicht gefunden. Bis dahin muss wohl noch vieles ausprobiert werden. Ein nicht unwesentlicher Beitrag zur Selbstbehauptung läge in vermehrter Aufklärung des Publikums über die Leistungen von Qualitätsmedien und die Bedingungen für verlässlichen Journalismus. Eine Chefredaktorin könnte dann zu ihrer Leserschaft sagen: Unabhängigkeit soll man sich leisten. Sie tun es. Vielen Dank!

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