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Portugal

Lissabon zwischen Schock und politischer Spannung

27. September 2025 , Lissabon
Thomas Fischer
Lissabon
Lissabon (Foto: Thomas Fischer)

Gut drei Wochen ist es her, dass im Zentrum von Lissabon eine Kabine der Standseilbahn «Elevador da Glória» entgleiste, 16 Menschen den Tod fanden und über 20 verletzt wurden. Nach dem, was bisher über die Ursachen ans Licht kam, scheint es so, als wäre das Unglück vermeidbar gewesen. Im Kampf um Stimmen bei den landesweiten Lokalwahlen am 12. Oktober bleibt dieses Thema nicht aussen vor.

Wo bis zum 3. September noch Touristen Schlangen standen, um in eine der beiden Kabinen der historischen Standseilbahn «Elevador da Glória» einsteigen zu können, erinnern jetzt Blumen und Kränze an das Unglück, das nicht nur Portugal erschütterte. Lissabon ist als Ferienziel gross in Mode, also gingen Bilder von der Unglücksstelle um die Welt. Gut drei Wochen danach sind die Blumen verwelkt.

Lissabon
Lissabon (Foto: Thomas Fischer)
Lissabon
Lissabon (Foto: Thomas Fischer)
Lissabon
Lissabon (Foto: Thomas Fischer)

Nach wie vor erinnern kleine Fahnen an Länder, aus denen die Todesopfer stammten – fünf Frauen und Männer aus Portugal und elf aus anderen Ländern, unter ihnen eine Frau aus der Schweiz. Nach wie vor bleiben Touristen stehen, zücken ihre Mobiltelefone, machen Fotos.

Das Seil löste sich aus der Verankerung

Lissabon
Lissabon (Keystone/AP/Armando Franco)

Was die Ursachen angeht, so resümieren manche Medien, dass wohl fast alles, was schlecht laufen konnte, schlecht lief. Es hiess erst, dass das unterirdische Stahlseil, durch das die zwei Wagen – von denen immer simultan einer bergauf und einer bergab fuhr – miteinander verbunden waren, gerissen sei. Wie sich inzwischen herausstellte, war das Seil nicht etwa gerissen. Noch am Morgen des Unglückstages war es in seiner fast gesamten Länge einer Sichtkontrolle unterzogen worden. Es löste sich vielmehr aus seiner in einem Kasten befindlichen und daher mit blossem Auge nicht sichtbaren Verankerung an einem der Wagen.

So raste der Wagen, der sich nahe der oberen Station befand, unkontrolliert bergab und entgleiste, bei einem Tempo von 60 km/h, in einer Kurve. An diesem Wagen versagten zudem die Bremsen, und da war der Wagenführer, der zu den Todesopfern zählt, hilflos.

Der Bürgermeister unter Druck

Zuständig für den Betrieb des urigen Verkehrsmittels – wie auch für den der Busse und der Trams in Lissabon – ist das öffentliche Unternehmen Carris, das der Stadt Lissabon untersteht. Unmittelbar nach dem Unglück war schnell klar, dass dieses so kurz vor den landesweiten Lokalwahlen am 12. Oktober politische Wellen schlagen würde – so sehr sich Bürgermeister Carlos Moedas gegen die politische Ausschlachtung wandte. Moedas, der eine bürgerliche Allianz vertritt, einen Rücktritt ablehnte und erneut für dieses Amt kandidiert, ist indes unter Druck geraten.

Schon vor dem Unglück war wiederholt kritisiert worden, dass Carris die Wartung des Elevador da Glória an ein externes Unternehmen ausgelagert habe. Wie Medien berichteten, bestand das vor einigen Jahren eingesetzte neue Seil nicht nur aus Stahlsträngen. Vielmehr hatte es einen Kern aus Kunstfaser. Und dieses Produkt war, den Medien zufolge, viel billiger als ein Seil nur aus Stahl. Laut Berichten hatte das für die Wartung zuständige Unternehmen bei der Ausschreibung des entsprechenden Auftrags im Jahr 2022 mit einem Preisgebot, das weit unter dem festgelegten Grundpreis lag, den Zuschlag bekommen. Ans Licht kam ferner, dass der Betriebsrat von Carris im September 2023 in einem Schreiben an Bürgermeister Moedas von Unzulänglichkeiten bei der Wartung der Standseilbahnen in der Hauptstadt berichtet habe.

Sondersitzung des Stadtrats erst nach der Lokalwahl

Nach Veröffentlichung all dieser Details forderte die Opposition im Stadtrat für den letzten Donnerstag die Einberufung einer Sondersitzung dieses Organs. Bürgermeister Moedas liess diese erst für den 13. Oktober anberaumen, also für den Tag nach den Lokalwahlen in den 308 Munizipien des Landes. Ob er in dieser Sitzung als wiedergewählter oder also noch amtierender Bürgermeister den Vorsitz führt, steht dahin.

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