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Kommentar 21

Kult

18. August 2014
Christoph Kuhn
Mit dem Begriff «Kult», der ursprünglich für religiöse Verehrung stand, wird sehr grosszügig umgegangen.

Wer und was ist nicht alles «Kult»! Popsängerinnen und -sänger sowieso, aber auch Schauspieler, Künstler, Fussballer, Sterneköche oder Politiker. Die Verehrung, die den Kultsubjekten und -objekten entgegengebracht wird, schlägt sich heutzutage weniger in geistiger Inbrunst denn in Zahlen nieder: Gagenziffern für die einen, Wählerstimmen für die andern.

Kultstatus haben längst auch ausgesuchte Autorinnen und Autoren erlangt. Bei ihnen und ihren Büchern lässt sich das an den Auflagezahlen ablesen – und an den unkritischen Schwärmereien beflissener Rezensenten. Kultbüchern eignet oft etwas Diffuses; es lässt sich von vielen viel in sie hineininterpretieren. Zum literarischen Kult gehört neben dem in Buchstaben abgefülltem Werk unbedingt die Personalisierung. So erscheint es zwingend, dass im Fall der zur deutschen Kultautorin promovierten Judith Hermann, die nach Erzählbänden eben ihren ersten Roman publiziert hat, stimmungsvolle Porträtfotos der Autorin einiges zur Ikonisierung beigetragen haben.

Der bekannteste Kultautor der Gegenwart bleibt der im April dieses Jahres verstorbene Kolumbianer Gabriel García Márquez mit seinem Roman «Hundert Jahre Einsamkeit». Selbst für ihn gilt: sein Kultbuch ist, nach literarischen Kategorien beurteilt, nicht sein bestes. Da käme der Diktatorenroman «Der Herbst des Patriarchen», ein Sprachexperiment sondergleichen, viel eher in Frage. Aber der ist natürlich viel zu sperrig, als dass er je heilig gesprochen werden könnte.

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