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Kommentar 21

Irrungen und Wirrungen

16. Juli 2018 , Rom
Heiner Hug
Eigentlich könnte man sich über das Chaos freuen, das die populistische italienische Regierung anrichtet. Doch das wäre kurzsichtig.

Kein Tag ohne neuen Skandal, neue Provokation, neuen Flop. Italiens regierende Populisten schlittern von Blamage zu Blamage. Konzeptlos wursteln sie vor sich hin. Die Truppe demonstriert täglich, dass sie eine riesige Klappe führt, aber von Regieren keine Ahnung hat. Wie sollte sie auch? An vielen Schaltstellen befinden sich unerfahrene Emporkömmlinge. Das Regierungsprogramm wird ständig korrigiert. Will man nun aus dem Euro aussteigen oder nicht? Jeden Tag hört man etwas anderes. Will man nun die Häfen für Flüchtlinge schliessen? Matteo Salvini, der Chef der rechtspopulistischen Lega, will. Doch letzte Woche wurde er von Staatspräsident Mattarella wie ein Schuljunge zurückgepfiffen und desavouiert. Salvinis Koalitionspartner, die „5 Sterne“ verfolgen in der Flüchtlingsfrage eine humanere Politik. Die Allianz zwischen den beiden regierenden Parteien zeigt bereits gefährliche Risse. Meldungen, wonach die Lega 49 Millionen Euro aus der Staatskasse erschlichen hat, quittiert Salvini mit wüsten Ausfällen. Das Magazin „Espresso“ wirft der Lega vor, enge Kontakte zur Mafia zu haben und im Süden Stimmen gekauft zu haben. Salvini nennt seine Kritiker „Faschokommunisten“, wie dies schon Berlusconi tat. Steigbügelhalter für die Lega sind ausgerechnet die „5 Stelle“ – sie, die sich rühmen, eine saubere Politik betreiben zu wollen. Wie lange wird diese Regierung, dieses Bündnis zwischen Lega und 5 Sterne, halten? „Nicht lange“, prophezeien bereits viele, unter anderem Antonio Tajani, der Präsident des Europäischen Parlaments und Vizepräsident der „Forza Italia“.

Soll man sich freuen, wenn die Regierung zerbricht? Eher nicht. Viele glauben, Salvini arbeite daraufhin, dass die Regierung scheitert, und dass es Neuwahlen gibt. Das Chaos in der Regierung scheint die Wähler (noch) nicht zu erschrecken. In der Wählergunst erlebt die Lega einen eigentlichen Höhenflug. Salvinis harte Haltung findet Anklang. Bei den Wahlen am 4. März erreichte er 17 Prozent der Stimmen. Jetzt wird ihm weit über 30 Prozent prophezeit. Gäbe es baldige Neuwahlen, würde der Lega-Chef seine Position radikal ausbauen können. Die 5 Sterne würden an die Wand gedrängt. Dann wäre Salvini, der polternde Rechtspopulist mit engen Kontakten zu rechtsextremen Kreisen, das, was er sein will: der Herrscher über Italien.

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