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Kommentar 21

Im Namen Gottes

19. Mai 2016
Klara Obermüller
Wenn am 1. Juni der Gotthardbasistunnel feierlich eröffnet wird, darf eine Segnung nicht fehlen. Wer sie spendet, hat eine „Projektleitung Segen“ entschieden.

Im Wallis oder der katholischen Innerschweiz ist es gang und gäbe, dass bei der Einweihung eines neuen Schulhauses oder der Eröffnung eines Einkaufszentrums ein Priester den Segen spendet, bevor man zum Apéro übergeht. Deshalb ist es auch nicht weiter verwunderlich, wenn zur Eröffnung eines Jahrhundertbauwerks wie der Neat die Geistlichkeit aufgeboten wird, um das Werk der Obhut des Allmächtigen zu empfehlen. Dass man dabei der Ökumene im weitesten Sinn Rechnung trägt, versteht sich von selbst.

Und so wird denn an diesem 1. Juni 2016 nicht nur der Christ Martin Werlen, ehemals Abt des Klosters Einsiedeln, unter den Segnenden sein, sondern auch der Jude Marcel Ebel, Rabbiner der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich, sowie der Muslim Bekim Alimi, Imam der Moschee von Will und Präsident des Dachverbandes islamischer Gemeinden in der Schweiz. Die drei grossen abrahamitischen Religionsgemeinschaften also, das macht angesichts der religiösen Verhältnisse in der Schweiz durchaus Sinn.

Was aber ist davon zu halten, dass in der Person von Pieter Zeilstra, Vizedirektor des Bundesamts für Verkehr, ausdrücklich auch die Konfessionslosen an der Segnung beteiligt sind? Ökumene und interreligiöser Dialog, schön und gut. In wessen Namen aber soll einer den Segen spenden, der an keinen Gott mehr glaubt? In seinem eigenen? Im Namen einer Gemeinschaft, der er nicht mehr angehört?

Gewiss, der Anteil der Konfessionslosen liegt in der Schweiz mittlerweile bei über zwanzig Prozent – Tendenz steigend. Daraus den Anspruch abzuleiten, als gleichberechtigte Gruppierung an einer interreligiösen Segnungszeremonie teilzunehmen, halte ich jedoch für verfehlt. Auch Atheisten mögen ihre Glaubenszweifel haben; eine Religionsgemeinschaft sind sie deshalb noch lange nicht.

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