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Kommentar 21

Haut Putin den US-Präsidenten erneut übers Ohr?

18. Oktober 2025
Heiner Hug
Tomahawk
Tomahawk (Keystone/U.S. Navy via AP/Kallysta Castillo)

Der ukrainische Präsident Selenskyj sieht es richtig: Die amerikanischen Tomahawk-Raketen könnten den Ukraine-Krieg entscheidend verändern. «Putin hat richtig Angst vor diesen Raketen», sagte er. Doch Trump will weiter palavern. Eigentlich sollte er gewarnt sein.

Die Tomahawk-Langstreckenraketen könnten Ziele tief im Innern Russlands treffen: Produktionsstätten für Raketen, Drohnen und Munition. Und Treibstofflager. Das sieht auch Trump so: Die Tomahawks seien «eine brutale Offensivwaffe, eine unglaublich zerstörerische Waffe», sagte er am Freitagabend in Washington. 

Selenskyj hatte sehnlichst gehofft, dass die Ukraine solche Langstreckenraketen erhalten würde. Und Trump hatte tatsächlich Anspielungen gemacht, dass er die Tomahawks liefern würde. In der Hoffnung, solche Raketen zu erhalten, reiste Selenskyj am Freitag nach Washington. Doch dann die kalte Dusche: keine Tomahawks. 

In der Zwischenzeit ist etwas Entscheidendes geschehen. Trump telefonierte fast zwei Stunden lang mit Putin. Dabei hat Trump den Kreml-Herrscher gefragt: «Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich Ihrer Opposition ein paar tausend Tomahawks geben würde?» Und natürlich hatte Putin etwas dagegen. «Die Idee gefiel ihm gar nicht», sagte Trump.

Man stelle sich vor: Da tobt seit dreieinhalb Jahren einer der schrecklichsten Kriege und Trump fragt sinngemäss, ob sich der Westen wehren dürfe. «Haben Sie etwas dagegen …?»

Trump liess sich offensichtlich einmal mehr von Putin einlullen. Zwar begreift der Herr im Weissen Haus das langsam: «Um ehrlich zu sein, Putin erzählt uns eine Menge Unsinn», sagte er am Freitag. «Er ist immer sehr nett zu uns, aber das erweist sich als bedeutungslos.» Dann gibt Trump sogar zu, dass er von Putin manipuliert werden könnte. 

Und trotzdem lässt er sich offensichtlich manipulieren. Er und Putin einigen sich während des Telefongesprächs auf ein «baldiges» Treffen in Budapest. Dort soll nun über Frieden verhandelt und endlich ein Durchbruch erzielt werden. 

Wer glaubt das? Trump hätte gewarnt sein sollen. Schon einmal traf er sich mit Putin, um «den Krieg in der Ukraine ein für allemal zu beenden». Beim Treffen in Anchorage am 15. August – und kurz danach – war Trump vor der ganzen Welt blamiert worden. Man sprach von Frieden, von Blutvergiessen, von der schrecklich notleidenden Bevölkerung. Putin lächelte, gab sich besorgt und kooperativ. Und wenige Stunden nach Anchorage überzog er die Ukraine mit den bisher schlimmsten Drohnenangriffen. Für Trump war das eine Schmach erster Güte.

Und jetzt soll das anders sein? «Ich glaube, Putin will eine Einigung erzielen», sagte Trump am Freitag. Was gibt ihm die Gewissheit dazu? Viel deutet darauf hin, dass man in Budapest palavert und palavert. Man wird von «konstruktiven Gesprächen» sprechen, man wird versuchen, etwas Optimismus zu sähen. Man wird sagen, dass die Waffen endlich schweigen sollen, dass das Blutbad endlich gestoppt werden müsse. Putin wird mit ernsthafter Miene an den Gesprächen teilnehmen und sich besorgt über den Krieg zeigen. Vielleicht bezieht man dann auch Selenksyj in die Gespräche ein. Und auch dann wird man palavern und palavern.

Doch wie nach Anchorage: Die Gefahr ist gross, dass nichts Konkretes geschieht. Der Krieg geht weiter. Und die Russen marschieren in der Ukraine langsam vor. Putin ist ein Meister darin, auf Zeit zu spielen. 

Der Kreml-Diktator hat bewiesen, dass er nur auf Härte, auf Gewalt reagiert. Ohne die Tomahawks befindet er sich in einer Position der Stärke. Er wird deshalb sicher keine wirklichen Abstriche an seinen Zielen machen.

Die Lieferung von Tomahawks hätten ihn in die Defensive getrieben und gezwungen, echte Konzessionen zu machen. Diese Langstreckenraketen hätten Gespräche über ein Ende des Kriegs beschleunigt. Wie schrieb das amerikanische Wall Street Journal am Samstag: «Mit Tomahawks käme der Frieden früher.»

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