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Kommentar 21

Ein ganz gewöhnlicher Antisemit

12. Juli 2018
Klara Obermüller
Die Zürcher Polizei verharmlost einen antisemitischen Zwischenfall.

Auf dem Weg in die Synagoge werden orthodoxe Juden in Zürich von einem Mann mit einem Messer bedroht und übel beschimpft. Die Polizei sieht keinen antisemitischen Hintergrund. Was ist es dann?

Dass es auch in der Schweiz zu judenfeindlichen Übergriffen kommt, ist bedenklich. Nicht weniger bedenklich aber ist, wie die Polizei in dem Fall kommuniziert. Es sei „nie zu einer konkreten Gefährdung gekommen“, liess Polizeisprecher Marco Cortesi kurz nach dem Vorfall verlauten. Und fügte hinzu, es gebe „keinen Hintergrund“, der Mann sei „weder Nazi noch Islamist“, ja, es sei nicht einmal klar, dass es sich beim Angriff „um eine gezielte Attacke gegen Juden“ gehandelt habe.

Gerne erführe man, woher Marco Cortesi das alles weiss. Und auch, was es seiner Meinung nach braucht, damit eine Attacke gegen Juden auch wirklich eine judenfeindliche Attacke ist. Hätte der Mann zustechen, hätte er Hakenkreuze schmieren oder die Israel-Fahne verbrennen sollen, um auch in den Augen der Polizei als Antisemit zu gelten? Das alles hat er nicht getan. Überdies war der Mann schwer angetrunken. Und was Besoffene sagen oder tun, braucht man nicht ernst zu nehmen. Ist es das? Oder nimmt man als gegeben hin, dass gewisse Leute auf Juden allergisch reagieren?

Ich weiss es nicht und möchte auch niemandem etwas unterstellen. Ich möchte nur zu bedenken geben, dass nicht die Polizei oder die Öffentlichkeit darüber zu befinden hat, was judenfeindlich ist und was nicht. Es sind die Juden, es sind die Angegriffenen selbst, die uns sagen, ob sie sich verletzt oder bedroht fühlen und, wenn ja, warum. Ob der Täter betrunken war oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Auch ein Betrunkener lässt nur raus, was in ihm drin ist. Und um Nazi oder Islamist zu sein, bedarf es keines Parteibuchs. Nazi oder Islamist ist man aus innerer Überzeugung. Die ist in einem freiheitlichen Staat zwar Privatsache. Doch an Polizei und Öffentlichkeit, an uns allen ist es, solchen Leuten – ob sie nun Deutsche, Schweizer, Araber oder was auch immer seien – die rote Linie aufzuzeigen, die nicht überschritten werden darf.

Der Mann sei verhört und wieder auf freien Fuss gesetzt worden, liess uns eine Medienmitteilung wissen. Heisst das, dass der Fall damit abgeschlossen ist? Ich hoffe nicht.

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