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Kommentar 21

Der Irrweg der Impfprämien

4. Oktober 2021
Stephan Wehowsky
Corona-Impfunwillige sollen mit Prämien umgestimmt werden. Eine fatale Idee.

In Deutschland wollen einzelne Arbeitgeber bis zu 500 Euro für Mitarbeiter zahlen, um sie für die Corona-Impfungen zu gewinnen. Das sei, so argumentieren sie, für sie immer noch billiger, als die betrieblichen Hygienemassnahmen aufrecht zu erhalten, die aufgrund der ungeimpften Mitarbeiter notwendig sind.

Impfprämien gibt es auch in anderen europäischen Ländern, und der Schweizer Bundesrat Alain Berset hat kürzlich eine 50-Franken-Prämie ins Gespräch gebracht, wobei er selbst seinen Vorschlag als «etwas speziell» bezeichnete. Allerdings taxiert das Münchner Ifo-Institut den Wert einer vollständigen Corona-Impfung mit 1’500 Euro. Und Verhaltensökonomen unterstreichen den positiven Einfluss materieller Anreize.

Die Argumente für Impfprämien jeglicher Art haben einen gemeinsamen Nenner: Nicht-Geimpfte verursachen Kosten, die verringert oder am besten gleich ganz vermieden werden sollen. Wenn ein Unternehmer also Impfprämien zahlt, möchte er damit Kosten senken. Der Verursacher von Kosten wird also dafür belohnt, dass er mit seiner Impfung diese Kosten nicht mehr verursacht. Das aber stellt jede unternehmerische Logik auf den Kopf. Denn normalerweise werden Beschäftigte, die mutwillig unnötige Kosten verursachen, in irgendeiner Weise dafür in Haftung genommen oder gleich entlassen.

Immer wieder gab es staatliche Massnahmen, die zunächst nicht auf allgemeine Akzeptanz stiessen. Als der Sicherheitsgurt eingeführt und schliesslich vorgeschrieben wurde, meuterten einige Besserwisser, die sich in ihrer Freiheit beeinträchtigt fühlten und darauf hinwiesen, dass auch ein Sicherheitsgurt nicht in jedem Fall vor Verletzungen schützt. Aus guten Gründen ist niemand auf die Idee gekommen, die Uneinsichtigen dafür zu belohnen, dass sie sich anschnallen. Wer sich nicht anschnallt, wird gebüsst.

Wenn staatliche Institutionen Impfbereitschaft mit Prämien hervorlocken wollen, verbreiten sie ungewollt damit die Botschaft, dass die strengen staatlichen Corona-Massnahmen auf wackeligen Füssen stehen und sich die Politiker und Behörden selbst nicht so ganz sicher sind. Denjenigen, die die Wirksamkeit nicht einsehen, kochen sie nun ein lecker, lecker Süppchen. Es wird so getan, als wären Virologie, Medizin, die Grenzen der Kliniken und Intensivstationen und nicht zuletzt die nationalen und internationalen Statistiken Themen, die ganz im Belieben auch noch der subjektivsten und uninformiertesten Meinung stehen.

Dazu sendet der Staat die Botschaft aus, dass er im Zweifelsfall mit leichter Hand schnell mal Geld unters Volk streut, wenn er glaubt, damit auch das Verhalten derjenigen beeinflussen zu können, die er mit vernünftigen Argumenten nicht erreicht. Und diejenigen, die aus eigener Einsicht das Richtige so früh wie möglich getan haben, müssen sich fragen, ob sie nicht besser gewartet hätten, bis eine Prämie winkt.

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