
Noch ist ungewiss, ob sich Präsident Donald Trump vom Öl-Emirat Katar in der Tat eine 400 Millionen Dollar teure Boeing 747 schenken lässt. Er selbst sieht kein Hindernis für ein Geschenk dieser Grössenordnung, das andere Leute schlicht für Bestechung halten. Auf jeden Fall würde der «fliegende Palast» zu seinem luxuriösen Lebensstil passen, währenddessen er seinem Volk rät, den Gürtel enger zu schnallen.
Eine Autorin des «New Yorker» diagnostiziert, woher Donald Trumps spontane Bereitschaft stammt, von Katar ein Hunderte Millionen Dollar teures Geschenk anzunehmen. Der Präsident, folgert sie, leide unter «Flugzeug-Neid», wie er ihr 2021 bei einem Interview in Mar-a-Lago verraten habe.
Im Gespräch erinnerte sich Trump, an globale Gipfeltreffen zu fliegen und auf der Piste der Flughäfen jeweils aus dem Fenster zu schauen: «Ich pflegte zu fragen, ‘Wessen Flugzeug ist das?’ – ‘Das ist Saudi-Arabiens Flieger.’ (…) Und dann sah der Präsident eine brandneue Beoing-747 und sagte sich: «Nun, die Vereinigten Staaten sollten auch angemessen repräsentiert werden.»
Ein «fliegender Palast»
Nun sind die Flugzeuge des amerikanischen Präsidenten in der Tat mehrere Jahrzehnte alt. Zwar sind seit 2017 zwei neue Boeing 747 bestellt, doch deren Fertigstellung dauert noch Jahre und ist um Milliarden über Budget. Da käme ein «fliegender Palast» aus Katar gerade recht, obwohl auch dieses Geschenk noch an Bedingungen geknüpft wäre: Das Flugzeug müsste praktisch auseinandergenommen und neu zusammengebaut werden, um den Sicherheitsanforderungen zu genügen, die an eine Air Force One gestellt werden. Was wiederum Jahre dauern und Dutzende, wenn nicht Hunderte Millionen Dollar kosten würde.
So sind Amerikas Präsidentenflugzeuge etwa gegen die Auswirkungen einer Atombombenexplosion gehärtet und verfügen über eine Reihe von Sicherheitsvorkehrungen wie eine Raketenabwehr und einen Operationsraum. Sie lassen sich in der Luft auftanken und weisen Kommunikationsfähigkeiten auf, die es einem «Commander-in-Chief» erlauben, wie im Situation Room des Weissen Hauses umgehend auf globale Krisen zu reagieren.
Keine Frage aber, dass ein geschenkter Jumbo-Jet ethische Fragen aufwirft. Die amerikanische Verfassung verbietet einem Präsidenten die Entgegennahme wertvoller Geschenke («emoluments») von ausländischen Regierungen, es sei denn, der Kongress stimme dem zu. Auf entsprechende Fragen teilte die Pressesprecherin des Weissen Hauses den Medien mit, die Details der Schenkung seien im Begriff, «ausgearbeitet zu werden», das Ganze werde aber «in voller Abstimmung mit dem Gesetz» behandelt.
Von einem Versuch Katars, Donald Trump zu beeinflussen, wollte Leavitt nichts wissen: «Sie kennen Präsident Trump und wissen, dass er allein im Interesse der amerikanischen Öffentlichkeit handelt.» Derweil meint der Politologe Jacob T. Levy, eine solche Gabe öffne ein ethisches Schlupfloch, das gross genug sei, um mit einer Boeing 747 hindurchzufliegen.
«Eine grosszügige Geste»
Donald Trump selbst sieht keinen Grund, das luxuriöse Geschenk des Emirats am Persischen Golf zurückzuweisen, den er zum «Arabischen Golf» umzutaufen plant. Er wäre ein «NARR», schrieb er auf seinem Kurznachnachrichtendienst Truth Social, ein solches Geschenk an sein Land nicht anzunehmen – abgesehen davon, dass nicht er, sondern das Verteidigungsministerium das Flugzeug erhalten werde: «Ich bin keiner, der ein solches Angebot ablehnen würde. Ich könnte blöd sein und sagen ‘Nein, wir wollen nicht gratis ein äusserst teures Flugzeug. Aber es war – dachte ich, eine grosszügige Geste.»
Auf die Frage einer Korrespondentin des Fernsehsenders ABC, was er Leuten sagen würde, die den Luxusflieger als sein persönliches Geschenk betrachteten, wurde Trump ausfällig: «Sie sind von ABC Fake News, richtig? Lassen Sie mich Ihnen sagen: Sie sollten sich schämen, eine solche Frage zu stellen. Die geben uns gratis einen Jet. Ich könnte sagen, ‘Nein, nein nein, gebt ihn uns nicht. Ich will euch eine Milliarde, 400 Millionen oder was auch immer dafür zahlen. Oder ich könnte denen sagen: ‘Herzlichen Dank.’»
Skeptische US-Bevölkerung
Donald Trump wäre nicht der erste in seiner Regierung, der von Katars Grosszügigkeit profitiert. Das Emirat zahlte der Lobbyfirma seiner jetzigen Justizministerin Pam Bondi zwischen 2019 und 2020 monatlich 115’000 Dollar für ihren Job. Kein Wunder, ist Bondi in einer Analyse des Falls umgehend zum Schluss gekommen, die Schenkung der Boeing 747 seitens Katars sei «rechtlich zulässig».
Auch der heutige FBI-Direktor Kash Patel sowie andere Regierungsvertreter standen im Sold der Kataris. Derweil hat ein Mitglied der Königsfamilie in Doha 50 Millionen Dollar in den konservativen Fernsehsender Newsmax investiert, der verlässlich pro-Trump berichtet und dessen Mitarbeitende dem Vernehmen nach von Vorgesetzten angewiesen wurden, wohlwollender über das Emirat zu berichten.
In einer Umfrage vor der Präsidentenwahl 2024 hatten 61 Prozent der Amerikanerinnen und Amerikaner geantwortet, die Aussage «Er verhielt sich korrupt» beschreibe Trump zumindest «bis zu einem gewissen Grad». In einer anderen Befragung kamen sechs von zehn Interviewten zum Schluss, der Begriff «korrupt» treffe auf Donald Trump entweder «sehr» oder zumindest «ein wenig» zu.
Kritik des MAGA-Lagers
Wobei in aller Fairness beizufügen ist, dass fast alle amerikanischen Präsidenten zumindest im Nachhinein von ihrem Amt profitiert haben. Ronald Reagan zum Beispiel erhielt einst zwei Millionen Dollar für zwei Vorträge in Japan. Bill Clinton wurde nach seinem Abgang aus dem Weissen Haus zu einem der bestbezahlten Redner der Welt. Barack Obama besitzt eine Filmproduktionsfirma, schreibt Bücher und hält Referate. Sein Vizepräsident Joe Biden, einst aus dem Amt, verdiente mit Reden und Buchverträgen mehr als 15 Millionen Dollar und ist dieses Jahr von einer Talent-Agentur unter Vertrag genommen worden, die Hollywood-Grössen wie Tom Hanks oder Brad Pitt vertritt.
Dass Demokraten in Washington DC das teure Geschenk Katars kritisieren, erstaunt nicht. Überraschender ist dagegen, dass Donald Trump auch aus dem MAGA-Lager Kritik erhält. Die konservative Influencerin Laura Loomer, die einen direkten Draht zum Präsidenten besitzt und ihm mit Erfolg geraten hat, sechs Mitarbeiter des Nationalen Sicherheitsrates zu entlassen, schreibt auf X, sie hoffe, dass Ganze sei nicht wahr: «Falls die ersten Berichte stimmen, ist das meines Erachtens Grund zur Besorgnis.» Sie schreibe das als jemand, der für Trump eine Kugel abfangen würde: «Ich bin so enttäuscht.»
Loomer begründet ihre Kritik mit Amerikas Beziehungen zu Katar und den Beziehungen des Emirats zur Hamas, besonders nach deren Massaker am 7. Oktober 2023 im Süden Israels: «Katar ist nicht unser Freund.» Donald Trump selbst hat Katar einst als «Financier von Terror auf höchster Ebene» beschrieben.
«Zwei statt 30 Puppen»
Derweil verlinkte der rechte Podcaster Ben Shapiro den möglichen Katar-Deal mit anderen Berichten über geschäftliche Einflussnahme des Weissen Hauses wie zum Beispiel Donald Trumps Gewinnspiele mit Krypto-Währung: «Die Politik der Regierung ist zu wichtig für solche Aktivitäten. Präsident Trump hat versprochen, den Sumpf trockenzulegen. Das hat gar nichts damit zu tun.» Dagegen haben sich republikanische Volksvertreter im Kongress mit Kritik bisher zurückgehalten, auch wenn sie früher, beeinflusst von Israel, noch Bedenken geäussert hatten, was etwa Katars Nähe zur Muslimbrüderschaft betraf.
Während sein Sohn Don Jr. für Hunderte Millionen von Dollar im Nahen Osten lukrative Geschäfte macht mit der Begründung, er müsse für seine fünf Kinder sorgen, haben sich Amerikas Kinder Donald Trump zufolge mit weniger zu bescheiden. «Kinder werden nur noch zwei Puppen statt 30 Puppen haben», sagte er bei der Ankündigung der neuen Zölle im Kabinett. Später am Fernsehen war er schon etwas grosszügiger: «Sie können drei Puppen oder vier Puppen haben.»
«Fünf statt 250 Farbstifte»
Und noch kinderfreundlicher zeigte sich der Präsident an Bord von Air Force One: «Sie (ein Mädchen) sollte mit zwei oder drei oder vier oder fünf (Puppen) zufrieden sein.» Sturer zeigte sich Trump jedoch allen Ernstes, was die Zahl der Farbstifte betrifft, die amerikanische Kinder haben können: «Sie brauchen nicht 250 Farbstifte. Sie können fünf haben.» Die Erklärung für die Einschätzung des Präsidenten lieferte, wohl an ein zehnjähriges Mädchen gerichtet, Finanzminister Scott Bessent: «Du und deine Familie können nun dank Präsident Trump zuversichtlich sein, dass du ein besseres Leben haben wirst als deine Eltern.»
Als Kanadas neuer Premierminister Mark Carney Donald Trump im Oval Office besuchte, forderte der US-Präsident den Kanadier auf, «sich das neue und verbesserte Oval Office anzuschauen, während es mit Liebe schöner und schöner wird. Wir behandeln es mit viel Liebe und 24-karätigem Gold.» Bei dieser Gelegenheit bezeichnete sich Trump als «äusserst kunstaffine Person» und erklärte seinem Gast, nordamerikanische Landkarten würden viel schöner aussehen, wenn die Grenze zu Kanada ausradiert würde.
«Alles ist okay»
Selbst in seiner ersten Amtszeit war Donald Trump bereits ein «I-me-mine»-Typ, der die Präsidentschaft zu seinem persönlichen Vorteil nutzte, schreibt in der «Washington Post» Kolumnist Dana Milbank: «Was aber bezüglich seiner zweiten Amtszeit auffällt, ist der Umstand, dass er sowohl die Schmerzgrenze angehoben hat für Dinge, die er anderen anzutun bereit ist, als auch der Umfang der Hingabe zu seinem eigenen Vergnügen. Die Welt mag zur Hölle fahren, aber macht euch keine Sorgen: Dem Präsidenten geht es gut!» So antwortete Trump auf die Frage einer Moderatorin des Fernsehsenders NBC, ob es in Ordnung sei, kurzfristig eine Rezession in Kauf zu nehmen: «Schauen Sie, ja. Alles ist okay.»
Doch das ist es heute in Amerika mit Sicherheit nicht. Donald Trump entlässt Zehntausende von Staatsbeamten, hinterlässt wichtige Ämter wie jene für Flugsicherung oder Katastrophenhilfe gefährlich unterbesetzt, kürzt Sozialhilfen für Ältere, Schulkinder und Veteranen, mobbt Anwaltskanzleien, Universitäten und Medien, schwächt traditionelle Allianzen, Uno-Unterorganisationen und das Weltwirtschaftssystem.
Das neue MAGA
MAGA: Für viele steht «Make America Great Again» heute für «Make America Go Away» – ein unfrommer Wunsch an die Adresse einer stolzen Nation, deren Armee am 14. Juni, sinnigerweise an Donald Trumps 79. Geburtstag, das 250. Jahr ihres Bestehens feiert. An der laut Pentagon bis zu 45 Millionen Dollar teuren Militärparade in Washington DC sollen 6’600 Militärangehörige, 50 Helikopter und 150 Armeefahrzeuge, darunter 25 Panzer, teilnehmen.
«Präsident Trump wird den Geburtstag der Armee der Vereinigten Staaten mit einer Militärparade begehen, die alle ehrt, die seit der Gründung unserer grossen Nation vor 250 Jahren gedient haben», hat eine Sprecherin des Weissen Hauses mitgeteilt: «Es gibt kein Ereignis, das gross genug ist, um unsere Dankbarkeit für die Millionen von Helden, die ihr Leben für die Verteidigung unserer Freiheit gelassen haben, angemessen zu würdigen, aber diese Parade wird ein passender Tribut an den Dienst, die Aufopferung und die Selbstlosigkeit aller sein, die die Uniform getragen haben.»
Untauglich
Donald Trump selbst, unermüdlich im Einsatz, sich aufopfernd für Volk und Nation und selbstlos wie kein zweiter, ist es im Juli 1968 wie vielen begüterten Söhnen seiner Generation gelungen, sich nach vier wegen seines Studiums aufgeschobenen Aufgeboten dank eines mit grosser Wahrscheinlichkeit gekauften Arztzeugnisses dem aktiven Militärdienst in Vietnam ein fünftes Mal zu entziehen. Der angebliche Grund für Trumps Untauglichkeit: ein gravierender Fall von Fersensporn.