Trotz militärischer Rückschläge und eines unerwartet heftigen ukrainischen Widerstands zeigt Präsident Putin keine Anzeichen für eine Kursänderung. Dies erklären amerikanische Geheimdienstmitarbeiter. Angesichts des schleppendes Verlaufs seiner Invasion könnte er eine «Jetzt-erst-recht-Politik» verfolgen und die Angriffe auf die Zivilbevölkerung intensivieren. Auch in der Nacht zum Mittwoch wurden zahlreiche Städte bombardiert. Das Bild stammt aus Charkiw.
Russland bombardiert Kinderspital
«Apokalyptische Lage» in Mariupol
In der südukrainischen Stadt Mariupol am Asowschen Meer warten weiterhin mehrere hunderttausend Zivilisten auf Hilfe. Das IKRK hatte die Situation als «apokalyptisch» bezeichnet. Es fehlt an Wasser, Strom, Medikamenten und Nahrungsmitteln. Nach Angaben von Hilfsorganisationen deutet wenig darauf hin, dass es heute gelingen wird, «humanitäre Korridore» einzurichten. Pro-russische Kräfte hatten immer wieder auf fliehende Menschen geschossen. Mariupol wird nicht nur von der russischen Armee, sondern auch von pro-russischen Milizen der sezessionistischen ostukrainischen «Volksrepubliken» belagert.
Russland droht
«Die russische Reaktion wird schnell, überlegt und empfindlich sein.» Mit diesen Worten reagiert Russland auf die vom Westen verhängten Sanktionen. Es würden Massnahmen ergriffen, «die in alle Richtungen gehen», sagte ein Mitarbeiter des russischen Aussenministeriums gegenüber der russischen Nachrichtenagentur RIA. Die USA und Grossbritannien hatten am Dienstag den Kauf von russischem Öl verboten.
Neue Angriffe
Russische Flugzeuge und Artillerie haben zwei Stunden lang die Stadt Ochtyrka bei Sumy nahe der russischen Grenze beschossen. Ochtyrka zählt knapp 50’000 Einwohner. Mindestens ein Mensch kam ums Leben, 14 weitere wurden verletzt. Auch die Stadt Malyn bei der Grossstadt Schytomyr westlich von Kiew war Ziel eines russischen Angriffs. Sieben Häuser wurden zerstört. Drei Erwachsene und zwei Kinder starben. Auch Charkiw, Sumy und Ziele rund um Kiew wurden erneut bombardiert.
In der im Süden der Ukraine liegenden umkämpften Stadt Enerhodar schweigen nach Angaben des Bürgermeisters Dmytro Orlow zur Zeit die Waffen. Orlow hofft, dass jetzt ein «humanitärer Korridor» geöffnet werden kann. Ziel wäre es, dass Busse Medikamente und andere Hilfsgüter in die Stadt brächten. Die gleichen Busse würden dann Zivilisten evakuieren.
Evakuierungen in Sumy?
Laut Angaben ukrainischer Beamter sind die am Dienstag begonnenen Evakuierungen aus der ostukrainischen Stadt Sumy weitergeführt worden. Tausende Zivilisten hätten die Stadt verlassen können.
Russlands Offensive stockt
Laut amerikanischen Geheimdienstkreisen hat die russische Armee in der jetzt zweiwöchigen Offensive noch immer keine grössere ukrainische Stadt einnehmen können.
Festungsstadt Kiew
In Erwartung einer russischen Offensive werden rund um Kiew immer mehr Barrikaden aufgebaut, die russische Panzer aufhalten sollen. Nicht nur Kiew, auch andere Städte, wie zum Beispiel Lwiw im Westen, richten sich auf lange Bodenkämpfe ein.
Olena Senelska spricht von «Massenmord an Zivilisten»
Olena Selenska, die Frau des ukrainischen Präsidenten, hat sich erstmals an die Öffentlichkeit gewandt. Sie warnt davor, dass sich die Russen nicht mit der Einnahme der Ukraine begnügen könnten.
«Was vor etwas mehr als einer Woche geschah, war nicht zu glauben. Unser Land war friedlich, unsere Städte, Gemeinden und Dörfer waren voller Leben», schrieb sie. Doch nun seien russische Streitkräfte an einem «Massenmord an Zivilisten» beteiligt. Olega Selenska hat sich seit dem Wahlsieg ihres Mannes im Jahr 2019 auf Themen wie die Stärkung der Rolle der Frau, Alphabetisierung und Kultur in der Ukraine konzentriert.
«Der Krieg in der Ukraine ist kein Krieg ‘irgendwo da draussen’», schrieb sie in einem Brief an die internationalen Medien. «Dies ist ein Krieg in Europa, nahe den Grenzen der EU. Die Ukraine hält die Truppen auf, die morgen unter dem Vorwand, Zivilisten zu retten, aggressiv in Ihre Städte eindringen könnten.»
2,155 Millionen Flüchtlinge
Wie das Uno-Hochkommissariat für das Flüchtlingswesen mitteilt, sind inzwischen 2’155’271 ukrainische Flüchtlinge registriert worden. Allein Polen hat bisher 1’294’903 Flüchtlinge aufgenommen. (Stand: 8. März 12.00 Uhr)
Flüchtlingskrise – Kinderkrise
Ukrainische Männer zwischen 18 und 60 Jahren dürfen das Land nicht verlassen. Deshalb flüchten vor allem Frauen und Kinder. Von den über zwei Millionen geflüchteten Menschen sind eine Million Kinder. Dies sagt James Elder, ein Sprecher von Unicef. Er sprach von einer «dunklen historischen Premiere». Eins von sieben ukrainischen Kindern habe das Land bereits verlassen. Mindestens 29 Kinder seien durch Bomben- oder Mörserangriffe getötet worden. Babys würden in unterirdischen Bunkeranlagen geboren.
Keine polnischen MiG-29 nach Ramstein
Die USA wollen nicht, dass polnische MiG-29-Kampfflugzeuge auf den amerikanischen Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz verlegt werden. Von dort aus hätten die polnischen Jets nach polnischem Wunsch ukrainischen Piloten übergeben werden sollen.
Die USA sind bestrebt, eine direkte Konfrontation mit Russland zu vermeiden. Washington fürchtet, dass Russland die Lieferung polnischer Flugzeuge an die Ukraine – via Ramstein – so werten könnte, dass die USA jetzt Kriegspartei sind. Die Lieferung von polnischen Kampfflugzeugen an die Ukraine sei einzig und allein Sache des souveränen Staates Polen, heisst es in Washington.
«Patriot»-Batterien nach Polen
Die USA schicken zwei «Patriot»-Raketenabwehrbatterien nach Polen. Im polnischen Grenzgebiet zur Ukraine werden westliche Waffen und andere militärische Güter gelagert. Die Patriot-Raketen sollen verhindern, dass Russland auch Ziele im polnisch-ukrainischen Grenzgebiet angreift.
Kein Strom aus Tschernobyl
Das Atomkraftwerk Tschernobyl ist zur Zeit von der Stromversorgung abgeschnitten. Der Netzbetreiber erklärt, dass Teile der Leitungen beschossen und beschädigt wurden.
«Sad day» für die New York Times
Zum ersten Mal seit hundert Jahren ist die New York Times nicht mehr in Russland präsent. Wie Neil MacFarquhar, der Büroleiter der NYT in Moskau mitteilt, zieht sich das Weltblatt erstmals seit 1921 aus Russland/der Sowjetunion zurück. «Weder Stalin noch der Kalte Krieg noch irgend etwas Anderes» hatten uns zu diesem Schritt veranlasst. Die NYT reagiert damit auf des neue Mediengesetz in Russland, das eine kritische Berichterstattung verhindert. Auch andere westliche Medien haben sich aus Russland zurückgezogen. «Dies ist ein trauriger Tag» für die NYT, sagt MacFarquhar.
China will vermitteln
Präsident Xi Jinping erklärte am Dienstag, China sei bereit, aktiv mit der internationalen Gemeinschaft zusammenzuarbeiten, um den Krieg in der Ukraine zu schlichten. Er nannte keine Einzelheiten und kritisierte erneut die westlichen Sanktionen. In einer Telefon-Schalte mit Olaf Scholz und Emmanuel Macron sagte Xi, die Situation in der Ukraine sei «besorgniserregend». China sei «zutiefst betrübt über den erneuten Ausbruch eines Krieges auf dem europäischen Kontinent».
China hilft
Das chinesische Rote Kreuz stellt der Ukraine humanitäre Hilfe im Wert von etwa 700’000 Euro zur Verfügung. Erste Lieferungen von Hilfsgütern seien bereits unterwegs, erklärt das chinesische Aussenministerium. China ist kritisiert worden, weil es die russische Invasion nicht explizit verurteilt.
Auch Coca Cola und Starbucks
Nach Mc Donald’s und mehreren anderen westlichen Firmen ziehen sich jetzt auch Coca Cola und Starbucks aus Russland zurück. Der Schweizer Schokoladenhersteller Lindt & Sprüngli hingegen will in Russland bleiben. «Wir verkaufen Schokolade, keine Waffen», erklärte der CEO am Dienstag. Nach vehementen Protesten in der Schweiz gab nun auch Lindt & Sprüngli den Rückzug aus Russland bekannt.
Vor einem Treffen Lawrow-Kuleba
Der russische Aussenminister Sergej Lawrow reist heute in die Türkei. Dies berichtet die russische Nachrichtenagentur Tass. Lawrow will am Donnerstag in Antalya den ukrainischen Aussenminister Dmytro Kuleba treffen. Die Begegnung kommt auf Vermittlung des türkischen Aussenministers zustande.
Die Glückskette sammelt für die Ukraine
Seit dem 24. Februar greift die russische Armee die Ukraine an. Die Zivilbevölkerung steht vor einer ungewissen Zukunft. Um die sich abzeichnende humanitären Krise zu bewältigen, rufen wir zur Solidarität mit der ukrainischen Bevölkerung auf. Ihre Spende macht den Unterschied. Danke.
UKRAINE - IBAN: CH82 0900 0000 1001 5000 6
(Wird laufend aktualisiert)
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