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Sprach-Akrobatik

Eine Perspektive muss her!

26. Februar 2021
Urs Meier
Corona zermürbt. Viele verlangen jetzt mehr Klarheit und Tempo. Doch die dazu ausgegebene Parole führt nicht weiter.

In wenigem sind sich kritische Beobachter des Umgangs mit der Pandemie so einig wie in dieser Forderung: Es gilt der Wirtschaft, den Kulturveranstaltern und ganz allgemein der Bevölkerung eine Perspektive zu geben. Gemeint dürfte damit eine Art Plan sein, welcher die Etappen zur Überwindung der Pandemie festlegt und womöglich auch den zeitlichen Ablauf der entsprechenden Lockerungsschritte prognostiziert.

Das Wort Perspektive meint in diesem Sprachgebrauch eine Sicht der Dinge mit Blickrichtung auf die Überwindung der Probleme. Vielfach schwingt ausserdem das Element des Durchblickens in einer unübersichtlichen Situation mit: Eine Perspektive zu haben setzt eine Klärungsleistung voraus.

Der angestammte Zusammenhang des Begriffs Perspektive ist jedoch nicht der des Problemlösens. Das Wort bezeichnet ursprünglich das bildliche Darstellen räumlicher Verhältnisse. Seit die Menschen Bilder machen, haben sie immer wieder andere Möglichkeiten gefunden, Objekte im Raum in zwei Dimensionen darzustellen. In der Renaissance erst wurden dafür die Regeln des natürlichen menschlichen Sehens erforscht und für die bildliche Darstellung nutzbar gemacht.

Der kurze Hinweis auf die Geschichte des Abbildens zeigt: Die Perspektive ist nichts Festes. Es gibt bildnerische Verfahren, die mit der Grösse von Figuren deren Wichtigkeit unterscheiden. Andere bringen zeitliche Abläufe zur synchronen Darstellung. Und von der Antike bis zur Moderne einschliesslich der Fotografie kennt man Bilder, deren Raumkonzepte auf mehreren verschiedenen Beobachterpositionen beruhen.

Was heisst das für den Ruf nach einer Perspektive in der Corona-Zeit? Der Vieldeutigkeit von «Perspektive» entkommt man nicht. Wer glaubt, mit der Forderung, es müsse nun eine Perspektive her, sei die Sache klar und die Diskussion abgeschlossen, befindet sich im Irrtum. Es gibt immer mehrere mögliche Perspektiven. Zudem verändern sie sich mit jeder noch so geringen Verschiebung des Beobachtungsstandorts. Was man aus der Theorie des Abbildens lernt, das gilt sinngemäss auch beim Versuch, Probleme zu bewältigen. Oder ganz kurz gesagt: Nichts wird einfacher, wenn man ultimativ eine Perspektive fordert.

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