Nach monatelangen Verhandlungen steht das Rohstoffabkommen zwischen der Ukraine und den USA. Ein vom US-Finanzministerium zur Verfügung gestelltes Foto zeigt US-Finanzminister Scott Bessent und die stellvertretende Ministerpräsidentin und Wirtschaftsministerin der Ukraine, Julia Swyrjdenko, bei der Unterzeichnung eines Vertrages zur Einrichtung des Investitionsfonds für den Wiederaufbau. Das Abkommen soll der wirtschaftlichen Erholung, der wirtschaftlichen Sicherheit und der nationalen Sicherheit der Ukraine dienen.
Laut der stellvertretenden Ministerpräsidentin und Wirtschaftsministerin Julia Swyrydenko sieht das Abkommen einen gemeinsamen Investitionsfonds für den Wiederaufbau der Ukraine vor. Dieser Wiederaufbaufonds solle in Projekte zur Förderung von Mineralien, Öl und Gas sowie in damit verbundene Infrastruktur investieren, erklärte sie. Investiert werden dürfe nur in der Ukraine. In den ersten zehn Jahren solle der Fonds Gewinne und Einnahmen nicht ausschütten, sondern reinvestieren. Danach sollen die Gewinne unter den Partnern aufgeteilt werden können.
US-Finanzminister Scott Bessent nannte das Abkommen ein klares Signal an die russische Führung, dass sich die Trump-Regierung langfristig für einen Friedensprozess einsetze. Eine «freie, souveräne und prosperierende Ukraine» liege im Interesse der USA. Das Weisse Haus nannte das Abkommen eine «historische Vereinbarung».
Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von einem «historischen Abkommen». Zwar seien die Verhandlungen manchmal schwierig gewesen, doch das Ergebnis sei überzeugend: «Das ist eine Zusammenarbeit mit Amerika zu fairen Bedingungen, bei der sowohl der ukrainische Staat als auch die Vereinigten Staaten, die uns bei unserer Verteidigung helfen, partnerschaftlich Geld verdienen können.»
Wichtig für die Ukraine: Laut Swyrydenko muss ihr Land keine Schulden wegen bisheriger Waffen- oder Finanzhilfen aus den USA seit Beginn des russischen Angriffskrieges tragen. Das war in den Verhandlungen lange ein kritischer Punkt gewesen, weil US-Präsident Donald Trump potenzielle Erlöse aus dem Rohstoffabbau als Ausgleich für finanzielle und militärische Unterstützung der USA ansah und darüber hinaus Gewinn erzielen wollte. Nach der nun getroffenen Vereinbarung betonte Trump, dass die USA viel mehr zurückbekommen würden, als sie bisher investiert hätten.
Laut Swyrydenko sollen Entscheidungen über die Arbeit des Fonds gleichberechtigt und mit gleichen Stimmrechten getroffen werden. Die Ukraine werde die «volle Kontrolle» über ihren Boden, ihre Infrastruktur und ihre natürlichen Ressourcen behalten, sagte der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal.
Der US-Präsident brauchte einen Erfolg. Er ist mit seiner Ankündigung gescheitert, den seit 2022 andauernden russisch-ukrainischen Krieg binnen kurzer Zeit zu beenden. Das Abkommen bietet ihm die Gelegenheit, einen Deal zu präsentieren. Wann wirklich Investitionen getätigt werden und eventuell Dividenden aus dem noch zu schaffenden Fonds in die USA zurückfliessen, scheint dabei zweitrangig.
Unbeantwortet ist bisher, woher das Geld für Investitionen stammen soll, wenn es nicht aus Steuermitteln kommt. Trump müsste Investoren attraktive Bedingungen bieten. Dazu gehört vor allem dauerhafter Frieden in der Ukraine.
Die Ukraine hatte bislang immer erklärt, dass jedes Abkommen langfristige und robuste Sicherheitsgarantien beinhalten müsse, die Russland von einem erneuten Angriff abhalten. In den bislang veröffentlichten Informationen enthält die einzige Sicherheitsklausel jedoch keine Verpflichtung für die USA. Auch Waffen werden demnach in dem Abkommen nicht erwähnt.
Es heisst lediglich, dass die USA «die Bemühungen der Ukraine um die notwendigen Sicherheitsgarantien für einen dauerhaften Frieden unterstützen». Zudem wird von einer «umfassenden Invasion» Russlands gesprochen, was eine sprachliche Verschärfung des bisherigen Kurses Trumps bedeutet. Trump bekräftigte nach der Unterzeichnung seine Sichtweise, dass eine wirtschaftliche Präsenz der USA in der Ukraine auch eine Sicherheitsgarantie für das Land darstelle.
Die Ukraine verfügt laut dem französischen Büro für Geologie- und Bergbauforschung über rund 20 Prozent der weltweiten Vorkommen von Graphit, einem wichtigen Rohstoff unter anderem für die Batterieherstellung. Das Land ist zudem ein wichtiger Produzent von Mangan und Titan. Eigenen Angaben zufolge hat die Ukraine eines der grössten Lithiumvorkommen Europas, das auf 500'000 Tonnen geschätzt wird, jedoch noch nicht erschlossen ist. Aus Kiew heisst es, dass überdies sechs Vorkommen von Seltenen Erden bekannt seien.
Bergbau- und Wirtschaftsexperten zufolge verfügt die Ukraine derzeit über keine kommerziell betriebenen Minen für Seltene Erden. Der Geologische Dienst erklärte, die Regierung bereite etwa 100 Standorte vor, die lizenziert und erschlossen werden sollen.