Vom Erdbeben betroffene Menschen warten am 23. Juni 2022 auf Hilfe im Dorf Gayan in der Provinz Paktia, Afghanistan. Mehr als tausend Menschen wurden getötet und über 1’500 weitere verletzt, nachdem ein Erdbeben der Stärke 5,9 den Osten Afghanistans am 22. Juni vor Sonnenaufgang erschüttert hatte. Dies berichtet die staatliche afghanische Nachrichtenagentur Bakhtar. Den Behörden zufolge wird die Zahl der Todesopfer wahrscheinlich noch steigen. (Keystone/EPA/Stringer)
Die US-Erdbebenwarte registrierte ein Beben der Stärke 5,9 sowie ein etwas schwächeres Nachbeben. Das Zentrum lag rund 50 Kilometer südwestlich der Stadt Chost in 10 Kilometern Tiefe. Pakistanische Behörden hatten ein Beben der Stärke von 6,1 gemessen. Die Erschütterungen waren bis in die Hauptstadt Islamabad und selbst in Lahore im Osten des Landes zu spüren.
Das Beben überraschte die Menschen nachts um 01.30 Uhr. Die Zahl der bestätigten Todesopfer stieg in den ersten Stunden nach dem Beben rasant. Die Opferzahl steige weiter, sagte der Leiter der dortigen Informations- und Kulturbehörde, Mohammed Amin Husaifa, laut Nachrichtenagentur AFP: «Die Menschen graben ein Grab nach dem anderen.»
Ein Augenzeuge berichtete der Nachrichtenagentur dpa vom Ausmass der Zerstörung: «Überall herrscht ein grosses Chaos. Ich habe in einer Stunde hundert Leichen gezählt», sagte der Journalist Rahim Chan Chushal. «Das Grauen ist gross. Die Eltern können ihre Kinder nicht finden und die Kinder ihre Eltern nicht. Jeder fragt sich, wer tot ist und wer lebt. Die Häuser sind aus Lehm, und deshalb wurden sie alle durch die starke Erschütterung zerstört.»
Betroffen ist eine gebirgige, abgelegene Gegend im Osten des Landes. Überschwemmungen in der Region sowie Regen, Wind und Erdrutsche erschweren die Rettungsarbeiten zusätzlich, auch der Handyempfang ist schlecht. Die Taliban, die seit August 2021 wieder in Afghanistan herrschen, riefen eine Notsitzung des Kabinetts zusammen. Hubschrauber wurden in die Unglücksregion geschickt, um den Menschen vor Ort zu helfen.
Der oberste Taliban-Chef, Haibatullah Akhundzada, rief «die internationale Gemeinschaft und alle humanitären Organisationen» auf, «dem von dieser grossen Tragödie betroffenen afghanischen Volk zu helfen» und dabei «keine Mühen zu scheuen», wie es laut Nachrichtenagentur AP in einer Mitteilung hiess.