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Euro-Ende

Wenn der Schein trügt

26. Juli 2012
Journal21
Wie soll es weitergehen? Wenn man Träume, Ideologien und die Hoffnung, dass Wünschen helfen kann, beiseite lässt: Der Euro ist Geschichte. Umso kürzer der Weg dahin, umso besser für alle Europäer.

Es gibt keine Kristallkugel, um in die Zukunft zu schauen. Aber glücklicherweise eine Realität, Logik, Analysemethoden und das Einmaleins. Die Realität ist, dass der Euro von Anfang an eine Fehlgeburt war. Und dass der erschummelte Beitritt Griechenlands zur Eurozone von Anfang an falsch war. Die Logik gebietet die einfache Frage: Sind diese beiden Fehler innerhalb der existierenden Eurowelt zu reparieren? Ist das System überhaupt reformfähig? Die klare Antwort lautet: zwei Mal Nein.

Der Punkt ohne Wiederkehr

In komplexen Systemen, wie es eine 17 Länder umfassende Währung darstellt, kommt man der realistischen Analyse, wie es darum bestellt ist, mit einer einfachen Frage am nächsten: Sind seine Entwicklungen noch umkehrbar, kann man vom jetzigen schlechten Zustand noch irgendwie zu einem besseren zurückkehren? Mit Schubumkehr, einem Überüberrettungsschirm, einer Billion, zehn Billionen, hundert? Mit Eurobonds, Fiskalpakten, was auch immer? Oder ist der Point of no Return überschritten? Angesichts der Tatsache, dass in den letzten Jahren ja wahrlich (fast) alles probiert wurde, ist auch hier die Antwort klar: Die Entwicklung ist unumkehrbar.

Die Konsequenzen

Nach dieser unbestreitbaren Erkenntnis lautet die nächste Frage: Was sind also die Konsequenzen daraus? Auch hier liegen die Antworten auf der Hand. Griechenland muss und wird pleite gehen. Faktisch ist das Land bereits bankrott, es wird seit zwei Jahren lediglich künstlich am Leben erhalten. Besser gesagt, zu Tode gerettet, denn seine Situation ist heute ja schlimmer und verzweifelter als vor zwei Jahren. Nun hat Griechenland mit diesem Zustand Erfahrung. Seit seiner Gründung als moderner Staat im Jahre 1830 war es länger und häufiger bankrott als solvent, ja es wurde aus einem Bankrott heraus gegründet. Die Wiege der europäischen Kultur wird auch diesmal nicht untergehen, im Gegenteil, es wird eine Erlösung sein.

Die konkreten Konsequenzen

Ein geordneter Staatsbankrott beginnt am besten an einem Freitag nach Börsenschluss. Montag und Dienstag wird zum Bankenfeiertag erklärt, und ab Mittwoch sind gestempelte oder gelochte Euronoten im Umlauf, die dann durch Drachmen ersetzt werden. Umrechnungskurse zu anderen Währungen werden staatlich festgelegt, ein Verhältnis von 1 zu 10 bietet sich an. Sowie natürlich eine Devisenausfuhrkontrolle. Ist alles keine Hexerei. Um diesen Faktor zehn werden alle inländischen und ausländischen Gläubiger rasiert. Anschliessend Neustart Griechenland. Eventuell muss das Militär als einzig existierende Ordnungsmacht dafür sorgen, dass es nicht zu rechtsfreien Räumen oder Aufruhr kommt.

Die weiteren Konsequenzen

Da damit das Problem der Fehlkonstruktion Euro nur für Griechenland gelöst ist, muss der Euro natürlich überall abgeschafft werden. Auch die Idee eines Nord- und Südeuros ist nicht praktikabel. Spanien, Italien und Griechenland im Süden sind genauso wenig für eine gemeinsame Währung geeignet wie Frankreich und Deutschland im Norden. Natürlich wird in erster Linie Deutschland bluten. Und sich nicht länger dafür bezahlen lassen können, dass ihm Geld geliehen werden darf. Aber auch das ist ja ein völlig unnatürlicher Zustand, dessen Fortsetzung für niemanden Vorteile hat.

Die konkreten Konsequenzen

Obwohl oder gerade weil man dieser Argumentationslinie nicht rational widersprechen kann, kommt sicherlich die irrationale Reaktion: Um Himmels Willen, alles, nur das nicht, Weltuntergang, Katastrophe, Verwerfungen, Rezession, Wirtschaftskrise. Unsinn, natürlich wird das wehtun. Pensionsansprüche, Spargroschen, kleine Gläubiger, alle werden rasiert werden. Aber die völlige Abschaffung des Euros ist eben die beste aller schlechten Varianten. Nicht nur das, alle Alternativen führen, früher oder später, inzwischen eher früher, wirklich in den Abgrund. Nur wer die Augen fürs Offenkundige verschliesst und in einer Traumwelt lebt, kann das nicht sehen.

Und die Finanzwelt?

Da Finanzinstitute und Staaten zu siamesischen Zwillingen zusammengewachsen sind, wäre das natürlich der richtige Moment, sie wieder zu trennen. Sich also von der Denkschablone zu verabschieden, dass so etwas wie «too big to fail» wirklich existiert. Wenn eine Bank die nötigen Abschreibungen nicht verkraftet, dann kommen ihre Gläubiger, also Aktionäre und Investoren, an die Kasse. Und die Bank deponiert die Bücher. Ihre Funktionen im Geldkreislauf, also Abhebungen, Kontoführung, Hypotheken usw. können problemlos von einer Ersatzbank aufrecht erhalten werden. Denn auch hier gilt, wie oben: Tertium non datur. Etwas Drittes, eine noch nicht entdeckte Alternative, gibt es nicht.

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