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Der neue Papst

Was der Name «Leo» zu bedeuten hat

9. Mai 2025
Rolf App
Petersdom, Vatikan
Blick auf den Petersdom und den Petersplatz. Zur Zeit von Leo XIII. gab es in Rom noch keinen eigenen Kirchenstaat. (Foto: Keystone/AP Photo/Plinio Lepri)

Mit der Wahl seines Namens knüpft jeder Papst an eine selbst gewählte Tradition an. So auch Leo XIV., der damit an Leo XIII. erinnert. Doch wer war dieser Vorgänger auf dem Papstthron?

In «Pontifex», seiner im Verlag C. H.Beck erschienenen, breit angelegten Geschichte der Päpste von Petrus bis Franziskus, bezeichnet der Historiker Volker Reinhardt ihn als «diplomatischen Schöngeist». Manche Parallele fällt auf zwischen Leo XIII. und dem gestern zum Papst gewählten Leo XIV., auch wenn sie ganz unterschiedlichen Zeiten entstammen – die aber so verschieden denn doch nicht sind. 

Leo XIII. – Distanz zu seinem reaktionären Vorgänger

Zuallererst: Vorangegangen war ein kurzes Konklave, im Falle von Kardinal Gioacchino Pecci, dem nachmaligen Leo XIII., dauerte es im Februar 1878 nur gerade 48 Stunden; noch kürzer – von Mittwoch 10 Uhr bis gestern Donnerstag 18 Uhr – war jenes, aus dem gerade der amerikanische Kardinal Robert F. Prevost als Papst Leo XIV. hervorgegangen ist – mit 69 Jahren relativ jung. Aber jung war mit 68 Jahren auch Leo XIII..

Leo XIII. war ein ausgesprochen schöner Mann, der sehr rasch auf Distanz ging zu seinem Vorgänger Pius IX., der von 1846 an in 31 Jahren an der Spitze der katholischen Kirche diese in eine konservative Sackgasse manövriert hatte. Pius’ Antwort auf ein revolutionäres Zeitalter hatte darin bestanden, dass er im Dogma der «unbefleckten Empfängnis» Mariens die Rolle der Gottesmutter aufwertete und den Wunderglauben gegen die moderne Wissenschaft in Stellung brachte. 

Kein Vatikan-Staat im neuen Italien

Den Höhepunkt erreichte diese Politik «vorwärts ins Mittelalter» (Reinhardt) in der Kampfansage gegen Liberalismus und Sozialismus, und im Ersten Vatikanischen Konzil, das 1870 mit der Festlegung der päpstlichen Unfehlbarkeit die Position des Papstes festzurrte – gegen massive Opposition aus dem Konzil selbst. Im selben Jahr musste der Papst vor den Truppen Garibaldis kapitulieren, Rom war nun Teil des neu entstandenen Italien – und der Papst eine Art Gefangener.

In dieser Lage fand sich Leo XIII. 1878 nach seiner Wahl. Er hatte Abstand gehalten zu seinem jähzornigen Vorgänger, aber er machte doch auch rasch deutlich, dass er dessen düsteres Bild der Gegenwart teilte. In seiner ersten Enzyklika beklagte er die grenzenlose Habgier der Menschen, unmenschliche Ausbeutung, blutige Kriege und Bürgerkriege. Der Mensch wolle selbst Gott sein, er habe sich von der Kirche abgewandt. Den neuen Herren Roms stand der Kirchenführer feindlich gegenüber, obwohl es, wie Reinhardt schreibt, «an Vermittlungsversuchen nicht fehlte». Zum einzig möglichen Kompromiss – einem selbständigen Miniaturstaat auf dem Vatikanischen Hügel, wie er dann 1929 festgelegt wurde – aber «waren beide Seiten nicht bereit».

Ein Arbeiter am päpstlichen Grabmal

Im Umgang mit dem Ausland allerdings zeigte sich Leo XIII. flexibel, und er sah, welche neue Herausforderung am Ende des 19. Jahrhunderts auf die Kirche zukam: Die «gottlosen» Sozialisten und Kommunisten warben ihr die kleinen Leute ab, die «soziale Frage» stellte sich mit Macht. Die Enzyklika «Rerum novarum» widmete sich ganz den neuen Verhältnissen der industrialisierten Ökonomie. Sie forderte, die Kirche müsse im Interesse der Schwachen tätig werden, «um diese vor den übermächtigen Ausbeutern, aber auch vor den diabolischen Verführern zu schützen, die den Klassenkampf als einzigen Ausweg propagieren und Gott als eine Erfindung der Priester verstehen», wie Volker Reinhardt ihre Stossrichtung zusammenfasst. 

Die Moderne dieses Papstes «war nicht mehr das Zeitalter der Finsternis». Und so kniet denn auch am Grabmal des am 20. Juli 1903 nach 25-jährigem Pontifikat im Alter von 93 Jahren Verstorbenen in der Lateranbasilika ein Arbeiter.

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