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Zwischenruf

Warum man trotzdem gegen 1:12 stimmen sollte

14. November 2013
Reinhard Meier
Reinhard Meier
Im März ist die Abzocker-Initiative mit starkem Mehr angenommen worden. Ihre Wirksamkeit gegen masslose Manager-Bezüge muss ab 2014 zuerst getestet werden. Die 1:12-Vorlage ist daher verfehlt.

Die Argumente für und gegen die 1:12-Initiative der Jusos, über die am 24. November abgestimmt wird, sind inzwischen weitgehend ausgebreitet. Doch es fällt auf, dass ein wichtiger Punkt nur selten erwähnt wird. Die 1:12-Initiative  zielt gegen die obszönen Lohnexzesse einer gesellschaftspolitisch autistischen Managerkaste in einigen börsenkotierten Grossunternehmen. Das ist verständlich und in der Zielbestimmung richtig.

Zuerst die Minder-Initiative testen

Nur, gegen diese Art von Abzockerei haben die Schweizer Stimmbürger schon im März dieses Jahres abgestimmt und die entsprechende Initiative des Schaffhauser KMU-Unternehmers Thomas Minder mit deutlich über 60 Prozent  angenommen. Die Wirkung der Minder-Vorlage sollte vernünftigerweise zuerst in der Praxis getestet werden, bevor man dem Staat schon wieder ein neues Gesetzespaket mit dem gleichen Zweck aufpfropft , wie das die Befürworter der 1:12-Initiative verlangen. 

Die angenommene Minder-Vorlage fordert im Kern, dass bei börsenkotierten Unternehmen künftig zwingend die Aktionäre – also die eigentlichen Eigentümer – über die jährlichen Gesamtbezüge des Verwaltungsrates und der Geschäftsleitung abstimmen müssen. Der Test, ob mit diesen neuen Vorschriften die gesellschaftspolitisch nicht zu vermittelnden Gehaltsexzesse etwa in der Finanz- und Pharmabranche eingedämmt werden können, beginnt ab dem Geschäftsjahr 2014 zu laufen. Denn erst ab dem 1. Januar des kommenden Jahres tritt die versprochene Verordnung des Bundesrates zur Umsetzung der Abzocker-Initiative in Kraft.  

Lektion gelernt?

Deshalb sollten wir uns als überlegte Staatsbürger mit der Tugend von etwas mehr Geduld wappnen – eine überstürzte Flut von Gesetzen, die alle in die gleiche Richtung zielen, ist kein Zeichen staatspolitischer Weisheit. Aber gleichzeitig sollten wir mit scharfem Blick beobachten,  ob denn nun ab 2014 die Boni-Bedienung beispielsweise unter den Grossbanken (deren Aktienkurse immer noch meilenweit unter dem Niveau früherer Jahre dümpeln) mit mehr Mass und Fingerspitzengefühl  praktiziert wird. Es liegt an den Führungsfiguren  der einschlägigen Konzerne sowie an den abstimmenden Aktionären und deren Vertretern (Pensionskassen!), der Öffentlichkeit zu beweisen, dass sie die Lektion der Abzocker-Abstimmung vom März begriffen haben und bereit sind, daraus glaubhafte Konsequenzen zu ziehen.

Wer nicht hören will, wird fühlen

Wenn solche Einsicht in den nächsten ein, zwei Jahren nicht um sich greift, sollten sich wiederum die masslosen Manager in den Selbstbedienungs-Etagen einiger Grosskonzerne nicht zu früh die Hände reiben. Denn dann wird die nächste Volksinitiative, die solchem Treiben einen griffigen Riegel vorschieben will, mit Sicherheit kommen.  Und dies möglicherweise in Form einer Vorlage, die ungleich weniger Schlupflöcher bietet, als die unausgegorene 1:12-Initiative.

Es gehört zum Charme direkter Demokratie: Ihre Mühlen mahlen langsam, aber sie mahlen.

 

 

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