
Freitagabend, Sonnenuntergang: Ein Frachtschiff liegt an der Elbemündung vor Anker. Wegen eines Streiks der Lotsen sind die Elbe und der Nord-Ostsee-Kanal gesperrt. Der Warnstreik an der Elbe ist Auftakt zu einer beispiellosen Streikwelle, die Deutschland am Montag erfassen wird. Die Gewerkschaften wollen fast den gesamten Verkehr in der Bundesrepublik zum Erliegen bringen.
Der Zug- und Busverkehr wird am Montag weitgehend eingestellt. Auch die Flughäfen Frankfurt und München werden praktisch lahmgelegt. Einzig Berlin ist nur teilweise betroffen. Die SBB raten vor Reisen nach Deutschland dringend ab.
Wer aufs Auto ausweichen will, muss mit langen Staus und teils gesperrten Autobahnen rechnen, denn auch das Autobahn- und Tunnel-Servicepersonal streikt.
Da die Lieferketten betroffen sind, wird mit Versorgungsproblemen gerechnet.
Die Arbeitnehmer begründen den eintägigen Warnstreik mit mangelnden Fortschritten bei den Lohngesprächen. Die Gewerkschaften Verdi und die Eisenbahnvereinigung EVG fordern für ihre zweieinhalb Millionen Beschäftigten 10,5 Prozent mehr Lohn. Bund und Gemeinden bieten nur 5 Prozent in zwei Schritten und eine Einmalzahlung von 2500 Euro, was die Gewerkschaften als «respektlos» bezeichnen.
Jost Lammers, der Vorsitzende der Flughafengesellschaft München, sagte, die von Verdi angekündigte Arbeitsniederlegung «stelle eine beispiellose Eskalation dar und ist überzogen und völlig unverhältnismässig».
Der Warnstreik soll in der Nacht zum Dienstag zu Ende gehen, doch er könnte sich noch einige Tage lang auswirken. Mit dem Streik wollen die Gewerkschaften ihren Forderungen vor der dritten Verhandlungsrunde Nachdruck verleihen. Diese findet vom 27. bis 29. März in Potsdam statt.