Fachdisziplinen haben vielfach nicht nur spezifische Terminologien, sondern eigentliche Binnensprachen, die für Nichtfachleute nur schwer verständlich sind. Das ist in den meisten Fällen kein grösseres Problem. Ein medizinischer Bericht ist, so sollte man jedenfalls annehmen, für all diejenigen, die damit arbeiten müssen, sprachlich zugänglich. Der Patient wird im Gespräch informiert und muss kein Doktorchinesisch können. Texte etwa aus der Analytischen Philosophie richten sich an Spezialisten unter den philosophisch Gebildeten und erheben keinen Anspruch auf allgemeine Verständlichkeit. Da macht es nicht so viel, wenn Nichtphilosophen nur Bahnhof verstehen.
Etwas anders liegen die Dinge bei der Verwaltungs- und Juristensprache. Hier werden Dinge geregelt und Sachverhalte beurteilt, die alle betreffen können. Deshalb müssten Texte aus Verwaltungen, Gerichten oder Strafverfolgungsbehörden eigentlich zwingend allgemein verständlich sein. Davon ist jedoch ein Grossteil dessen, was solche Instanzen schriftlich von sich geben, weit entfernt.
Wenn selbst durchaus sprachgewandte Leute bei juristischen Texten vielfach am Berg stehen, stimmt etwas nicht mit der Sprachpraxis der Rechtspflege. Das Recht darf nicht Sache einer exklusiven Expertenzunft sein; es ist buchstäblich die Angelegenheit aller. Jedermann muss diese Sprache verstehen können und die Gewissheit haben, sich ohne Vermittlung durch Spezialisten in Rechtssachen wenn nötig auch selbst äussern zu können.
Prekär steht es mit der Verständlichkeit des Verwaltungs- und Juristendeutschs für Personen mit schwächeren Sprachfähigkeiten oder für Menschen mit fremder Muttersprache. Das müsste nicht sein, und es gibt inzwischen viele offizielle Stellen, die ihre Text neben der Standardform auch in Leichter Sprache oder Einfacher Sprache anbieten – beides sind seit Jahrzehnten in verschiedenen Sprachen etablierte Regelwerke für möglichst barrierefreie Texte.
Diese primär auf handicapierte Zielgruppen ausgerichteten Sprachvarianten sind so wichtig wie rollstuhlgängige Strassen und Gebäude oder Markierungen für Sehbehinderte. Leichte Sprache als Alternative anzubieten, dient der Inklusion und sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Doch auch die Standardtexte der Verwaltungen und der Justiz könnten verständlicher sein. Es geht nicht allein darum, rekurssicher und gerichtsfest zu formulieren, sondern es braucht ein aktives Bemühen um allgemeine Verständlichkeit.