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Biennale in Venedig

Turnschuhe und Luxusyachten

2. Juni 2011
Dagmar Wacker
Die Vorbereitungen zum Besuch des Previews der 54.Esposizione Internationale d’Arte in Venedig gestalten sich etwa so, wie wenn man der Inauguration des ersten farbigen amerikanischen Präsidenten in Washington beiwohnen wollte.

Auch wer den zentralen Personen der Biennale persönlich bekannt ist, braucht diverse Anläufe und Legitimationsschreiben, bis schliesslich - per E-mail - eine persönliche Einladung mit Strichcode erscheint. Ohne Personalausweis wird die am Eingang allerdings nicht akzeptiert. Dann aber betritt man die Gärten der Seeligkeit, die ‚Giardini’ mit ihren Länderpavillions der in diesem Jahr unter dem Titel ‚ILLUMInations’ von der Schweizerin Bice Curiger kuratierten Ausstellung.

Endlich wollte ich mich dem Besten hingeben, das die zeitgenössische Kunst international zu bieten hat. Schlagartig wurde ich aber der Tatsache gewahr, dass die Hälfte dieser Menge aus sehr farbiger lokaler Jugendlichkeit bestand, die sich allem dem, was es kostenlos gab, leidenschaftlich hingaben: Essen, Trinken und der Jagd auf Mitbringsel. Bevorzugt waren waren die Tragetaschen aus Papier, Plastik und Textilgewebe der einzelnen Länderpavillions, die – lässig getragen - jemanden in den nächsten Wochen als Mitglied einer Exklusivgruppe der Vernissagen Crowd ausweisen würde.

Begehrte Tachen
Begehrte Tachen

Überhaupt war dieser Tag eine Family Affair: Bekannte trafen und küssten sich, stellten andere vor, verabredeten sich, tauschten Eindrücke und Meinungen aus oder waren ständig am Telephon. ExKulturminister Jack Lang spazierte friedlich mit Frau und Enkelin und war einen Fototermin nicht abgeneigt. Lange Schlangen fröhlicher Besucher bildeten sich vor den bedeutendsten Länderpavillions, denen der USA, Grossbritanniens und Deutschlands. Dort kam es zeitweise sogar zu leichten Tumulten, weil die Besucher das Vermächtnis Christoph Schlingensiefs schneller sehen wollten.

Dieser war natürlich so wenig da wie Tintoretto, dessen drei Leinwände als die "einzigen erleuchteten Werke in der Masse des uninspirierten Nichts" von der Tageszeitung "La Repubblica" bejubelt wurden. Allein wegen dieser Bilder waren viele Italiener gekommen. Doch andere Künstler fehlten: Christian Boltanski, der den französischen Pavillion verwirrend umgestaltet hatte, und Mike Nelson, der Gestalter der sehr beeindruckenden Britischen Vertretung.

Ebenso fehlten der Österreicher Markus Schinwald, der mit Raumerlebnissen spielt, und Yael Bartana aus Polen, der auf eine neue Welle des Antisemitismus aufmerksam macht. Auch Thomas Hirschhorn war nicht da, der dieses Jahr mit ‚Crystal of Rhesistance’ dem Schweizer Pavillion seinen Stempel aufdrückte. Dabei war seine Installation einer der Geheimtipps. Der Besuch entwickelte sich zu einem haptischen Erlebnis: Man schob sich durch den verengten Eingang wie Verdautes durch den Dickdarm mit wohligem Ganzkörperkontakt mit Fremden wie beim ‚Morgenstraich’ auf dem Marktplatz Basel.

Die beste Art, zur Biennale zu reisen
Die beste Art, zur Biennale zu reisen

Vielleicht waren die aufwendigen Sicherheitsvorkehrungen nicht für diese Besucher und das Besuchte gedacht, sondern für die noch Abwesenden, deren Anwesenheit sich durch die Umgestaltung der Venezianischen Skyline ankündigte. Auf dem Weg durch Venedig zum Biennaleort mit dem Vaporetto (Wasserbus) musste man auf so manche Sehenswürdigkeit verzichten. Sie waren verdeckt durch riesige Luxusyachten, die dort in einer Anzahl liegen, dass die Cote d’Azur zwischenzeitlich leer sein muss. Sogar der Viermaster ‚Il Moro di Venezia’ ist zu sehen, mit dem Italien einst den ‚America’s Cup’ gewinnen wollte.

Die Passagiere dieser Schiffe, die "Very Impotant People", werden die Biennale besuchen, um sich zu orientieren und zu Käufen inspirieren zu lassen. Sie werden damit die Kunstwelt in Schwung halten. Hartnäckigen Gerüchten zufolge sollen sie sich kurz darauf auch an der Art in Basel orientieren. Wenn dem so ist, freuen wir uns schon darauf, diese Flotte den Rhein hinauffahren zu sehen, und, vielleicht bei der Pfalz vor dem Münster, zu beobachten, wie sie Anker setzen. Noch aber geniessen sie im "Cipriani", in "Harry’s Bar", im Palazzo Grassi und an der "Punta della Dogana" bei exklusiven Diners und Festen die venezianische Gastlichkeit.

Der Besuch der Biennale steht vielleicht morgen auf deren Programm. Dann aber erscheinen sie nicht hochgestylt, wie in Basel, sondern in Turnschuhen und Freizeitkleidung. Die "Gardini" und das "Arsenale" sind riesig, und der Boden ist tückisch. Da möchte man sich die Entdeckerfreude nicht durch ein Missgeschick trüben lassen.

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