
Donald Trump, US-Präsident, kann reden, seine Fans glauben ihm. Er hat seine Entourage unter der Knute. Er ist machtbesessen und will gewinnen. Seine Strategie ist ideologiegetrieben. Die Schweiz ihrerseits sollte ökonomischen, globalen Gesetzen folgen, um die Zukunft erfolgreich zu gestalten.
Damit Nationen auch in Zukunft erfolgreich sein können, brauchen sie Reformen. Diese sind auch in der Schweiz dringend, ja überfällig. Allerdings tun wir gut daran, statt Show und Superman Gelassenheit und Wissen anzuwenden.
Warum die Schweizer Kühe?
Die schrillen Zoll-Drohungen Trumps haben Regierung und Parlament in Bern aufgeschreckt. Der Bundesrat reiste flugs nach Washington D. C., nicht zuletzt, weil der freie Handel mit Agrarprodukten für Trump hohe Wichtigkeit hat. Nachdem ihm die EU sofort ein Freihandelsabkommen ohne Zollbelastung – Landwirtschaft inbegriffen – offeriert hat, droht der von Bauern angeführten Regierung in Bern Ungemach. Wie soll ein ähnliches Vorgehen gelingen, gegen das sichere Nein des Bauernverbandes? Ist jetzt der Tag gekommen, einen zukunftsfähigen Beschluss gegen die Bauernphalanx zu beschliessen? Das bewahrende (verklärte) Weltbild durch ein innovatives, offenes zu tauschen?
In der NZZ konnte man im April 2025 lesen: «Die Schweiz und ihre Kühe – eine toxische Beziehung». Die Kritik bezog – und bezieht – sich auf unsere Milchwirtschaft, die Klima, Biodiversität und unsere Gesundheit beeinträchtigt. Mit anderen Worten: Das Bild einer ländlichen Idylle mit saftigen, grünen Wiesen und friedlich weidenden Kühen trügt.
Ein Beispiel: Inzwischen wissen wir, dass sich der mit der Gülle ausgebrachte Ammoniak durch natürliche Prozesse im Boden in Nitrat verwandelt und das Grundwasser belastet. Vor 17 Jahren (!) beschloss deshalb der Bundesrat eine Deckelung der Ammoniak-Emissionen. Offensichtlich wirkungslos: Heute, wie damals, betragen die Emissionen jährlich 42’000 Tonnen statt der anvisierten 25’000.
Weiter wie immer geht nicht mehr. Klimawandel und schwindendes Grasland (Bauwirtschaft) verändern die Voraussetzungen für die Milchwirtschaft. Wir haben definitiv zu viele Kühe im Land (ermöglicht durch den Import von Futtermitteln). Die Schweiz wird sich dringend verändern müssen. «Die Schweiz und ihre Kühe» – das Bild einer aus der Zeit gefallenen Beziehung unseres Landes ruft nach Reformkräften. Bei der Diskussion um die Kühe landen wir im Bundeshaus, bei der Regierung und den Räten.
Trump und die Kühe
Der Vergleich geht so: Machtmensch Trump regiert ohne sichtbares, zukunftsfähiges Weltbild, was sich hinter diktatorischer Kraftanwendung, lauthals vorgetragenen Drohungen und schrittweisen, leisen Rücknahmen verbirgt. Warum die Kühe: Trump braucht die amerikanischen Farmer, um die nächsten Kongresswahlen zu gewinnen.
«Die Schweiz, das Hightech- und Industrieland, wird von Bauern regiert» (NZZ am Sonntag) und lässt ein zukunftsfähiges Leitbild weiterhin vermissen. Die vom Bauernverband (genannt Schattenregierung) aus dem Hintergrund gesteuerten National- und erst recht Ständeräte werden von nationalkonservativen Männern angeführt. Ihr Weltbild, das aus dem letzten Jahrhundert stammt, wird als Zielvorgabe erfolgreich und taktisch geschickt durch die Sessionen gelenkt. Kühe und Farmer – auch in Switzerland zukunftsbestimmend?
Die geballte Kraft des Bauernverbandes
Über 60 Organisationen gehören zum Bauernverband. Mit der «Bauernzeitung» trägt er «die richtige Politik» in die Bauernhöfe. Die Kantonalverbände organisieren ihre Mitglieder linientreu und konservativ. Wenn nötig rufen sie zu Demonstrationen auf – wie 2015, als über 10’000 Bäuerinnen und Bauern mit Fahnen, Traktoren und Treicheln gegen geplante Kürzungen der Direktzahlungen in Bern auf die Barrikaden stiegen.
Die Bauernlobby schafft es tatsächlich, «den Status quo im Land abzusichern und Reformen abzuwehren» (NZZ am Sonntag). Obwohl sie nur noch eine kleine Gruppe repräsentiert, die weniger als ein Prozent zum schweizerischen Bruttosozialprodukt (BSP) beiträgt, übt sie offensichtlich eine lähmende Wirkung auf die nationalen Volksvertreterinnen und Vertreter aus. Für Robert Finger, Professor für Agrarökonomie an der ETH Zürich, ist es bemerkenswert, dass der Verband trotzdem 15 Prozent der 246 Parlamentarier als Bauernvertreter aufführt. Dazu gehört auch die Übervertretung der Landwirtschaft im Bundesrat.
Wir sollten die immer dringender werdende Reform der Schweiz nicht den links-grünen Politikern überlassen, sondern breiter abstützen. So wie Trumps Weltbild Schiffbruch erleiden wird, ist auch ein Bauern-Schweiz-Leitbild nicht zukunftsfähig. Beides entstammt altem Denken.
Wie weiter?
Das Beispiel der Milch von Schweizer Kühen ist stellvertretend und richtungsweisend. Der Milchkonsum ist rückläufig, pflanzliche Milchersatzdrinks sind im Trend. Haferdrink statt Kuhmilch? Weltweite Trends in der Ernährung, postuliert von Ernährungswissenschaftlern, sind stärker als helvetisches Traditionsdenken. Also: umdenken!
Am hier gezeigten Beispiel hiesse das: weniger grüne Wiesen – mehr Ackerflächen, zum Anbau von Getreiden und pflanzlichen Nahrungsmitteln. Es ist unsinnig, rückläufigen Milchkonsum zu beklagen und tatenlos zuzusehen, wie immer grössere Mengen pflanzlicher Milchersatzdrinks importiert werden. Ziel müsste sein, eines Tages die TV-Werbung entsprechend neu zu schalten: «Haferdrink, natürlich aus der Schweiz». Das wäre neues Denken.