
Der amerikanische Präsident und der Kreml-Chef haben diese Woche erneut miteinander telefoniert. Dabei ging es auch um die spektakulären ukrainischen Angriffe auf russische Militäranlagen und die Zerstörung russischer Flugzeuge.
Was den angestrebten «Frieden» in der Ukraine angeht, ist Trump kleinlaut geworden. Wie war das schon mit seiner Prahlerei im Wahlkampf: «Ich werde den Ukraine-Krieg innerhalb von 24 Stunden beenden.» Jetzt schreibt Trump auf seinem Social-Media-Kanal: «Es war ein gutes Gespräch (mit Putin), aber kein Gespräch, das zu einem sofortigen Frieden führen wird.» Kurz: Putin lässt Trump wieder auflaufen. Der Kreml-Chef spielt auf Zeit und will keinen Frieden; seine Panzer drangen am Sonntag in der ukrainischen Region Dnipropetrowsk weiter vor.
Während des Telefongesprächs hat Putin, laut Trump, «sehr deutlich gesagt», dass er auf die jüngsten ukrainischen Angriffe auf Militärflugzeuge im russischen Hinterland «reagieren müsse». Er tat dies am Freitag und Samstag: 407 Drohnen und 44 Raketen griffen Charkiw, die zweitgrösste ukrainische Stadt, an. Auch Kiew und Cherson wurden bombardiert. Zahlreiche Menschen starben. Laut ukrainischen Beobachtern steht «ein gewaltiger, brutaler und unerbittlicher russischer Vergeltungsschlag» erst noch bevor. Am Sonntag fielen erneut Bomben auf Charkiw.
«In Grund und Boden bombardieren»
Und was tut Trump? Er zeigt Verständnis für die jüngsten russischen Angriffe. An Bord der Air Force One erklärte er vor Journalisten, die Ukrainer «haben Putin einen Grund gegeben, letzte Nacht anzugreifen und sie in Grund und Boden zu bombardieren.»
Im Klartext: Die Ukraine ist schuld, dass Russland Krieg führt – ist auch schuld, dass jetzt in Charkiw, Kiew und Cherson russische Bomben niedergehen. Im Telefongespräch mit Trump hat der Kreml-Herrscher diese Sichtweise eindringlich wiederholt. Und der amerikanische Präsident ist Putin auf den Leim gekrochen.
Schuld sind die Opfer
Trump sagt kein Wort, dass Russland seit über drei Jahren die Ukraine angreift. Nein, der amerikanische Präsident gibt den Verteidigern die Schuld, dass sie sich gegen den russischen Aggressor wehren. Sie wehren sich, indem sie russische Kampfflugzeuge bombardieren und versuchen, die russische Angriffsmaschinerie zu schwächen. Doch Trump sieht das nicht. Er hat Verständnis für die russische «Rache» und macht die Opfer statt die Täter verantwortlich. Das ist eine klassische Opfer-Täter-Verdrehung (Victim Blaming). Damit lässt sich der amerikanische Präsident auf peinlichste Art für die Kreml-Propaganda einspannen. Man muss sich fragen, ob Trump in der Lage ist, politische und militärische Zusammenhänge zu verstehen.
Noch etwas: Trump sagt kein Wort, dass die jüngsten ukrainischen Angriffe, die für Russland eine Blamage darstellen, allein militärischen Zielen gegolten haben, nämlich Militärflugplätzen und Kampfbombern. Kein einziger Zivilist kam dabei ums Leben. Solche Angriffe sind laut dem internationalen Völkerrecht und den Genfer Konventionen, die eine klare Unterscheidung zwischen militärischen und zivilen Zielen machen, nicht verboten.
Im Gegensatz zu den russischen Angriffen. Seit Februar 2022 bombardieren russische Kampfflugzeuge zivile Ziele, Innenstädte, Spitäler, Schulen, Theater, Altersheime, Fussgängerzonen. Und am Samstag auch einen Spielplatz für Kinder in Charkiw. Tausende Menschen, Frauen, Männer, Kinder, sind bei russischen Angriffen ums Leben gekommen. Laut den Genfer Konventionen, die auch Russland unterzeichnet haben, sind das eindeutige Kriegsverbrechen.
Wieso erwähnt das Trump nicht?