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ASEAN

Südostasien im Krisensog

25. August 2015
Daniel Woker
Das geplante Jubeljahr 2015 wird zum ASEAN-Krisenjahr, nicht nur wegen Korruption in Malaysia und Bomben in Thailand.

Bis Ende 2015, so versichern die 10 Regierungen der ASEAN (Association of South East Asian Nations) seit Jahren, werde der wichtigste Meilenstein in der Geschichte der ASEAN erreicht werden. Im Rahmen einer umfassenden ASEAN Community  2015 (AC 15) soll mit zwischenstaalicher Zusammenarbeit in Wirtschaft (ASEAN Economic Community, AEC), Politik und Sicherheit(ASEAN Political and Security Community, APSC) sowie Sozial- und Kulturpolitik (ASEAN Socio-Cultural Community, ASCC) ein einheitlich auftretender Block von rund 500 Millionen Bürgern  und Konsumenten stehen, der weder regional noch global übersehen werden kann.

Chinas Wachstumsverlangsamung

Nur ein mit Buchstabensalat angerichteter Papiertiger ist die AC 15 nicht.  Bereiche funktionierender Zusammenarbeit bestehen durchaus, so in der Verkehrs- und in der Immigrationspolitik. Zudem hat die ASEAN mitgeholfen, interne Grenzkonflikte (Thailand – Kambodscha, Thailand –Malaysia, Singapur-Malaysia) zu entschärfen.

Indes, die Löcher im Netz der Zusammenarbeit sind beträchtlich und weiten sich momentan aus, als Folge politischer Fehlentwicklungen innerhalb von Mitgliedsländern und  durch wirtschaftliche Probleme  im Grossraum Asien-Pazifik.  Thailand ist mit einer Militärregierung in eigentlich überwunden gehaltene, undemokratische Verhaltensmuster zurückgeglitten und scheint nun gar die terroristischen Früchte autoritärer Problemverdrängung zu ernten. Die hier vor kurzem (https://www.journal21.ch/zwei-pfeiler-des-moderaten-islam-wanken) geschilderte Korruption in Malaysia hat ein Mass erreicht, das die Grundfesten des Staates erschüttert. Die abrupte Wachstumsverlangsamung beim regionalen Hegemon China zieht die Region mit sich in den Sumpf wirtschaftlicher Stagnation, was  rasch zu weiteren Sozialkonflikten und politischer Instabilität führen kann.

Rechtsfreier Raum für Flüchtlinge

Aber auch das AC 15-Gebäude selbst ist zu einem Teil Fassade, oder doch auf Sand errichtet worden. So betrifft der erste AC-Pfeiler, die AEC  nur einen kleineren Teil der jeweiligen nationalen Volkswirtschaften. Trotz Zollabbau innerhalb der ASEAN bis Ende 2015 auf Null Prozent, verharrt der entsprechende Handel auf durchschnittlich ledglich einem Viertel des gesamten Warenaustausches; drei Viertel werden also nicht untern Nachbarn ausgetauscht. In Europa ist dieses Verhältnis oft praktisch umgekehrt.

Ausgeprägt ist die Differenz zwischen Sein und Schein im politischen und sicherheitspolitischen  Bereich, dem zweiten AC-Pfeiler. Unter APSC Vorzeichen wurden zwar enge Zusammenarbeit gegen Terrorismus und grenzüberschreitende Kriminalität vereinbart, und auch eine zwischenstaatliche Kommission für Menschenrechte geschaffen. Der Alltag für viele, wenn auch nicht alle ASEAN-Bürger ist indes weiterhin von Korruption und, teilweise krassen Menschenrechtsverletzungen geprägt. Wie das Beispiel Malaysia zeigt, beschränkt sich die Korruption, auf hoher Ebene und im Alltag,  nicht mehr nur auf die entsprechend notorischen Sünder wie Indonesien, Myanmar (Burma) und Kambodscha. Legale Grenzüberschreitungen so etwa für Geschäftsreisende sind durch ASEAN-weite Regeln erleichtert worden, aber politische und wirtschaftliche Flüchtlinge existieren praktisch in einem rechtsfreien Raum. Entsprechend ist ihr Schicksal, wie die wiederholte Entdeckung von Massengräbern an der Grenze zwischen Thailand und Malaysia gezeigt hat.

Vergleiche  mit der EU

Geopolitisch sieht  sich eine Mehrheit der ASEAN-Staaten durch die immer wuchtiger auftretende Präsenz von China im südchinesischen Meer, wo überlappende Gebietsansprüche bestehen, in die Enge gedrängt. Die Philippinen sind deswegen an den internationalen Gerichtshof gelangt, Vietnam rüstet mit russischen und amerikanischen Waffen auf. Dies hindert aber die Militärs in Thailand nicht daran, sich in einen heftigen rüstungspolitischen Flirt mit Beijing einzulassen und, ein Primeur in der Militärgeschichte des Landes, drei chinesische U-Boote zu kaufen.

Was schliesslich den kulturellen und sozialen Bereich, also die ASSC anbelangt, sind Fortschritte schwierig messbar. Es geht hier letztlich um dasselbe Phänomen, mit dem sich, wiewohl auf ungleich höherer Ebene,  auch die EU schwer tut. Kann via Geschichte und Geographie, sowie nur  gemeinsam zu bewältigende Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft eine übergreifende, parallel zu nationaler Zugehörigkeit existierende Identität entstehen?

Hier stehen  der ASEAN Hindernisse im Wege, welche bedeutend höher sind als im Europa des 21. Jahrhunderts. Verschiedene religiöse Mehrheiten in verschiedenen Mitgliedsländern gehören dazu. Angesichts funktionierender Modelle entsprechenden Zusammenlebens besteht Hoffnung; aber ebenso Besorgnis falls sich radikale Tendenzen im Islam von Indonesien und Malaysia und im Buddhismus von Myanmar weiter verstärken.

   

   

 

       

 

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