
Wie nahe schlitterten die beiden Atommächte letztes Wochenende an einem nuklearen Showdown vorbei? Sehr nahe, meinen westliche Medien. ««, wiegelt die indische Regierung ab.
Kaum hatte der offizielle Sprecher der indischen Regierung nach Wochen des Säbelrasselns und vier Tagen tödlicher Drohnenschwärme und Raketeneinschläge einen sofortigen Waffenstillstand mit Pakistan angekündigt, war das Echo in den Sozialen Medien gross. Aber es war nicht eines von Erleichterung und Hoffnung.
Rufmord gegen den Regierungssprecher
Es regnete Entrüstungsrufe, Proteste, die meisten in Form persönlicher Angriffe auf den Sprecher, Staatssekretär Vikram Misri. Er wurde als Feigling und Verräter verunglimpft, und – mit der Nennung seiner Privatadresse – zum Abschuss freigegeben. Mehr noch – die blindwütigen Schreibtischtäter hatten herausgefunden, dass Misris Tochter eine Anwältin war, die einmal Rohingya-Flüchtlinge verteidigt hatte – auch dies gleichbedeutend mit einem medialen Todesurteil.
Der Rufmord aus dem Äther zeigt, wie erfolgreich die «Volksseele» nach dem Terrorangriff in Kaschmir vom 22. April auf die Ausradierung des Nachbarlandes programmiert worden war; und unter welchen Druck sich die Regierung damit hatte setzen lassen, als sie Rache schwor. Die verbale Eskalation mündete vor Wochenfrist in eine Serie von Vergeltungsschlägen gegen Terrorcamps tief in pakistanischem Gebiet, die Pakistan seinerseits mit Raketen und ganzen Schwärmen von zielgesteuerten Kampfdrohnen beantwortete.
Gefährliche Ziele in Pakistan
Es schien ein vertrautes Szenario aus früheren Waffengängen zu sein, und Fachleute erwarteten, dass die Gewaltexplosion auch diesmal die Wut einigermassen abgekühlt hatte. Am Ende würde es weder Sieger noch Besiegte geben – sah man einmal von den enormen «unumgänglichen Kollateralschäden» von zivilen Opfer und Infrastruktur ab. Groll und Misstrauen würden auch diesmal die Saat für neue Konflikte bilden.
Doch plötzlich drehte sich die Eskalation weiter. Im Fadenkreuz indischer Luftziele tauchten nun auch wirtschaftliche Infrastrukturanlagen auf, die – wie etwa der Hafen von Karachi – in früheren Konflikten noch nie unter Beschuss geraten waren. Dann folgten militärische Ziele, allen voran zwölf grosse Basen der pakistanischen Luftwaffe, einige tief im Herzland des Panjab. Und von einigen wussten die westlichen Nachrichtendienste, dass sie in unmittelbarer Nähe von strategischen «Assets» – sprich Nuklear-Sprengköpfen – lagen.
USA und China intervenieren gegen die Eskalation
Internationale Medien wie CNN, BBC und Reuters spekulierten, dass die beiden Atomstaaten nur eine Eskalationsstufe vor einem nuklearen Schlagabtausch entfernt waren. Es war das ultimative apokalyptische Schreckgespenst. Es habe die Grossmächte USA und China am Samstag zu einem gemeinsamen energischen Handeln bewogen, unterstützt von Regionalmächten wie Saudiarabien und der EU.
Es muss eine ebenfalls ultimative Aufforderung an die beiden Streithähne gewesen sein, denn der Zeitraum von einem halben Tag liess keinen Raum für diplomatisches Feilschen und innenpolitische Absicherungen. Es war fast unausweichlich, dass Donald Trump als Erster mit der Nachricht der Einigung vorpreschte, so dass er sich als der grosse «Dealmaker» präsentieren konnte. Der Köder? Er habe den beiden Zugang zum amerikanischen Markt zugesichert; das habe sie sofort zur Vernunft gebracht …
Vorläufig kann man nur spekulieren, was der Auslöser für Delhis Eskalation am Freitag gewesen war, als es Marschflugkörper auf die pakistanischen Luftwaffenbasen ansetzte. Glaubt man den angelsächsischen Medien, war es der plötzliche Verlust der Lufthoheit, die Indien bei allen früheren Waffengängen etabliert hatte – und die schon am zweiten Tag zusammenbrach, mit dem Verlust eines Rafale-Kampfbombers, und dies über indischem Territorium.
Pakistans ultramoderne chinesische Waffen
Plötzlich habe Indien feststellen müssen, dass der Gegner über Abfangjäger und Raketen verfügte, die sogar die «State of the Art»-Technologie des französischen Vorzeige-Bombers übertölpelt habe. Der unbekannte Faktor war schnell ermittelt. Zum ersten Mal in einem ernsthaften bilateralen Konflikt kamen auf pakistanischer Seite chinesische Stealth-Aufklärungs- und -Abfang-Waffen zusammen, die mit KI-gestützten Informationssystemen eine enorme Durchschlagskraft entwickelten.
Eine aufsehenerregende Analyse im Londoner «Daily Telegraph» mutmasste, dass dies Indien gezwungen habe, seine Luftgeschwader am Boden zu lassen, und dies 300 Kilometer von der heissen Grenze entfernt. Damit sei Indiens Hauptwaffe praktisch lahmgelegt worden – ein Schlag ins Gesicht für eine Nation mit Grossmachtambitionen. Dies habe Indien dazu provoziert, die Eskalationsstufe auf eine Höhe zu schrauben, die selbst einen Nuklearschlag näher rücken und zu einer militärischen Option werden liess.
Modis drohende Rhetorik
Am Montag erklärte der indische Luftwaffenchef vor den Medien, dass die indischen Angriffe in keinem Augenblick auf nukleare Anlagen gezielt hätten. Der Waffenstillstand sei auch nicht auf ausländische Intervention hin beschlossen worden. Es habe einen pakistanischen Anruf auf der Hotline zwischen beiden Generalstäben gegeben, und beide Seiten hätten einen sofortigen Angriffsstopp vereinbart. Was immer die Faktenlage ist, bemerkenswert bleibt, dass die indischen Medien (mit Ausnahme der Tageszeitung «The Hindu») sich über die Rafale-Geschichte weitgehend ausschweigen.
In einer landesweiten TV-Ansprache am Montagabend ging Premierminister Modi erwartungsgemäss nicht auf diese Spekulationen ein. Er gab sich allerdings keineswegs kriegsmüde und vermied es, den Waffenstillstand als ersten Schritt zu einem Friedensschluss zu interpretieren. Im Gegenteil, «Operation Sindoor», wie Indiens Kriegsaktion offiziell heisst, sei nicht beendet.
Damit schien er auch auf die Hass-Stimmung einzugehen, die sich in den wütenden Reaktionen auf die Erklärung des Waffenstillstands in den Sozialen Medien entladen hatte. Für Indien bleibe Pakistan ein Terrorstaat, und dies wiege schwerer als jede andere Dimension – sei es der Vertrag über die friedliche Verteilung grenzüberschreitenden Flusswassers, seien es diplomatische Gespräche oder – eine Anspielung auf Trump? – wirtschaftliche Zusammenarbeit: «Terror and Talks don’t go together, Terror and Trade don’t go together, Water and Blood don’t flow together.»