Direkt zum Inhalt
  • Politik
  • Kultur
  • Wirtschaft
  • Gesellschaft
  • Medien
  • Über uns
close
Sprach-Akrobatik

Sexy, Handy, Messie

7. August 2015
Reinhard Meier
Reinhard Meier
Die steile Karriere dreier Allgegenwartswörter. Aber nicht alle sind auch im Englischen gebräuchlich.

Der Duden online meldet: Das Wort „Sex“ wurde erstmals 1961 im Rechtschreibe-Duden aufgeführt. Da staunt wahrscheinlich der jüngere Zeitgenosse. Heute ist der Begriff allgegenwärtig, schriftlich und mündlich. Und niemand bestreitet im Ernst die gängige Werbeweisheit „Sex sells“, auch wenn das ja längst nicht alle gut finden.

Sprachliche Alternativen im Rückzug

Sex kommt bekanntlich vom Lateinischen Sexus und hiess dort einfach Geschlecht. Inzwischen aber ist die Kurzform Sex  in vielen Sprachen praktisch zum Synonym für alles Geschlechtliche geworden. Parallel zum steilen Aufstieg der Sex-Vokabel  sind ältere gängige Ausdrücke für das Geschlechtliche (oder Anspielungen darauf) im Rückzug begriffen. Zum Beispiel Fleischeslust, Schäferstündchen, Beischlaf, Kopulation.  So wandelt sich mit den gesellschaftlichen Umbrüchen auch der Sprachgebrauch.

Noch inflationärer als das Substantiv „Sex“ hat sich das Adjektiv „sexy“ ausgebreitet, und  zwar wiederum in zahlreichen Sprachen. Dabei handelt es sich um ein sprachlich noch jüngeres Phänomen. In meinem altgedienten Cassel’s German and English Dictionary aus dem Jahre 1957 ist sexy noch nicht zu finden. Allerdings ist der Begriff  inzwischen ähnlich verwässert wie das globalisierte „cool“.  Sexy wird von einigen Leuten ja auch für Autos oder für Smartphones gebraucht. Das sollte uns animieren, bei der Beschreibung anziehender Eigenschaften oder Vorgänge sprachliche Alternativen intensiver in Betracht zu ziehen – wie etwa sinnlich, berückend, verführerisch, knackig, appetitlich, reizvoll, lasziv, attraktiv, erotisch, unwiderstehlich, umwerfend.

Beim Allgegenwartswort „Handy“ können wir uns kürzer fassen. Inzwischen hat sich ja wohl herumgesprochen, dass der deutsche Begriff für das beliebteste Spiel- und Werkzeug  der Gegenwart im Angelsächsischen nicht gebräuchlich ist. Dort spricht man von „cell phone“ oder „mobile“. Als Adjektiv ist „handy“  im Englischen sehr wohl geläufig und heisst so viel wie „handlich, praktisch“.  Wie genau das „Handy“ als Bezeichnung für das Mobiltelefon in den deutschen Sprachschatz gekommen ist, können laut „Spiegel“ auch die Linguisten nicht näher erklären.  Woraus man ersehen kann, dass nicht alles, was heutzutage im deutschen Sprachgebrauch raketenhafte Karriere macht, direkt aus dem angelsächsischen Sprachimperium importiert ist  – höchstens indirekt.

Vermüllungs-Syndrom

Das gilt auch für den ebenfalls noch jungen Begriff Messie. Damit bezeichnet man vor allem umgangssprachlich Personen, die am sogenannten Messie-Syndrom leiden. Bei diesem handelt es sich laut Wikipedia um "schwerwiegende Defizite in der Fähigkeit, die eigene Wohnung in Ordnung zu halten und Alltagsaufgaben zu organisieren“.  Auf der Suche nach deutschsprachigen Alternativen für das Messie-Syndrom stösst man auf  die Ausdrücke „Desorganisationsproblematik“ oder „Vermüllungs-Syndrom“.  

Wichtig für unsere Sprachkolumne ist der Hinweis, dass die Bezeichnung „Messie-Syndrom“ im Englischen nicht üblich ist. Dort lautet die korrekte Bezeichnung „compulsive hoarding“, also zwanghaftes Horten. Dennoch ist der Begriff Messie offenbar in den USA kreiert worden, und zwar von der davon selbst betroffenen amerikanischen Sonderschulpädagogin Sandra Felton, die darüber auch Ratgeberliteratur publiziert hat.

Letzte Artikel

Der Papst und der Patriarch von Istanbul in Nizäa – Nur der Kaiser fehlte

Erwin Koller 4. Dezember 2025

EU berechenbarer als USA

Martin Gollmer 4. Dezember 2025

Dröhnendes Schweigen um Venezuela

Erich Gysling 1. Dezember 2025

Spiegel der Gesellschaft im Wandel

Werner Seitz 1. Dezember 2025

Bücher zu Weihnachten

1. Dezember 2025

Nichts Dringlicheres als die Rente?

Stephan Wehowsky 1. Dezember 2025

Newsletter abonnieren

Abonnieren Sie den kostenlosen Newsletter!

Abonnieren Sie den kostenlosen Newsletter!

Zurück zur Startseite
Journal 21 Logo

Journal 21
Journalistischer Mehrwert

  • Kontakt
  • Datenschutz
  • Impressum
  • Newsletter
To top

© Journal21, 2021. Alle Rechte vorbehalten. Erstellt mit PRIMER - powered by Drupal.