Das seit Sonntag vermisste «OceanGate»-Tauchboot ist implodiert. Überlebende gibt es keine. Ein Tauchroboter hatte zuvor Trümmer entdeckt. Die Betreiberfirma OceanGate erklärte am Donnerstagabend, dass man davon ausgehe, dass die Passagiere des zur «Titanic» fahrenden Tauchbootes «leider verschollen sind». «They have sadly been lost.»
«Wir glauben nun, dass unser CEO Stockton Rush, Shahzada Dawood und sein Sohn Suleman Dawood, Hamish Harding und Paul-Henri Nargeolet leider verschollen sind», sagte das Unternehmen in einer Erklärung.
«Diese Männer waren wahre Entdecker, die einen ausgeprägten Abenteuergeist und eine tiefe Leidenschaft für die Erforschung und den Schutz der Weltmeere teilten», heisst es in der Erklärung. «Unsere Herzen sind in dieser tragischen Zeit bei diesen fünf Seelen und jedem Mitglied ihrer Familien. Wir trauern um den Verlust von Leben und Freude, die sie allen, die sie kannten, gebracht haben.»
«Katastrophale Implosion»
Konteradmiral John Mauger sagte am Donnerstag auf einer Pressekonferenz: «Das Trümmerfeld deutet auf eine katastrophale Implosion des Schiffes hin.»
Laut Experten ist es unwahrscheinlich, dass Leichen geborgen werden. Die US-Küstenwache erklärte, sie werde die Suche trotzdem fortsetzen. Jetzt gehe es darum, möglichst viele Informationen auf dem Meeresboden über Ursachen der Implosion zu finden. Das werde einige Zeit dauern.
Bisher wurde der Bug des Titan-Tauchbootes und ein Ende der Druckhülle von einem Tauchroboter in dem grossen Trümmerfeld geortet. Das Ende der zweiten Druckhülle wurde in einem kleineren Trümmerfeld gesehen.
Tiefsee-Roboter
Am Donnerstag hatten drei Tiefsee-Roboter den Meeresgrund rund um die 1912 gesunkene Titanic abgesucht. Dabei hatte einer der Roboter nach Angaben der US-Küstenwache ein Trümmerfeld entdeckt. Zunächst war unklar, ob die Trümmer der Titan-Kapsel zugeordnet werden können. Der fündige Roboter wurde von «Pelagic Research Services» manövriert.
Ebenfalls an der Suche beteiligte sich der französische Tiefseeroboter «Victor 600». Das ferngesteuerte Tauchfahrzeug ist weltweit eines der wenigen, das extrem tiefe Meeresgebiete absuchen kann.
Betrieben wird er vom französischen Forschungsinstitut «Ifremer». Er kann in einer Tiefe bis zu 6000 Metern unter der Meeresoberfläche arbeiten. Die «Titanic» liegt 3800 Meter unter Wasser.
Den Meeresgrund bis ins Detail erfassen
ROV-Tiefseeroboter sind mit einem Mutterschiff, das sich auf der Meeresoberfläche über der Titanic befindet, mit kilometerlangen Kabeln verbunden. Die ROVs verfügen über extrem starke Scheinwerfer und sensible Kameras. Sie können den Meeresgrund bis in Details erfassen. Die Spezialisten, die sich in den Mutterschiffen auf der Meeresoberfläche befinden, können in Echtzeit die Bilder ansehen, die die Roboter senden.
Das französische Tauchfahrzeug «Victor 600», das mit dem Mutterschiff «Atalanta» verbunden ist, verfügt ausserdem über zwei mechanische Arme, die heikle Manöver ausführen können. So kann Victor Trümmer entfernen oder Metallteile schneiden.
Auch Kanada beteiligt sich intensiv an der Suche. «Das kanadische Schiff ’Horizon Arctic‘ hat einen ROV-Unterwasserroboter eingesetzt», twitterte die US-Küstenwache am Donnerstag.
Zehn Schiffe und sechs Flugzeuge hatten sich an der beispiellosen Aktion beteiligt.
Selbst wenn die 6,7 Meter lange Titan-Kapsel noch mehr oder wenig intakt gewesen wäre, hätte wenig Hoffnung bestanden, die fünf Insassen noch lebend zu finden. Nach Einschätzung der meisten Experten wäre der Sauerstoffvorrat jetzt aufgebraucht.
Möglicherweise ist die Kapsel schon am Sonntag kurz nach Beginn des Tauchgangs implodiert.
Schwere Vorwürfe an OceanGate
Stockton Rush leitete das 2009 gegründete Unternehmen mit seine Frau Wendy Rush, die als Kommunikationschefin von OceanGate arbeitet. Sie ist die Ur-Ur-Enkelin von Isidor und Ida Straus – zwei Passagieren der ersten Klasse, die 1912 an Bord der Titanic waren, als diese sank, und ums Leben kamen. Isidor und Ida Straus gehörten zu den reichsten Passagieren der Titanic. Isidor und sein Bruder Nathan waren Miteigentümer des Kaufhauses Macy’s.
Am Mittwoch hatte die New York Times schwere Vorwürfen an die Adresse von Stockton Rush erhoben. Er habe sich schon vor Jahren geweigert, das Titan-Tauchboot zertifizieren zu lassen. Warnungen namhafter Experten, die die Kapsel als «nicht sicher» bezeichneten, schlug er in den Wind. Experten warnten vor möglichen «katastrophalen Problemen» bei Tauchgängen.