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Kommentar 21

Preise für Verschmutzungsrechte

15. August 2022
Stephan Wehowsky
Schadstoffausstoss
Kraftwerk Aghios Dimitrios in Kozani, Griechenland 2007 (Foto: Keystone/EPA/Christos Bletsos)

Ökonomen sehen den Königsweg zur Reduktion der Treibhausgase in einer Erhöhung der Preise für Verschmutzung und Energieverbrauch. Das ist ebenso plausibel wie fragwürdig. Denn höhere Preise müssen auch politisch durchsetzbar sein.

Es gibt einen Erfolg, zu dem sich Ökonomen und Umweltschützer gegenseitig gratulieren können. Das ist der Emissionshandel. Dieser besteht darin, dass einzelne Staaten, inzwischen aber auch die Europäische Union den Schadstoffausstoss von Kraftwerken sowie vom Flugverkehr und anderen energieintensiven Unternehmen pro Tonne CO2 mit einem Preis versehen. Für diesen Preis können Zertifikate erworben werden. Die Anzahl dieser Zertifikate ist begrenzt. Sie sind ein künstlich knapp gehaltenes Gut. Das ist nur logisch, denn insgesamt soll ja der Ausstoss von Schadstoffen begrenzt werden.

Der Ökonom Achim Wambach, Präsident des Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung, Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des Bundeswirtschaftsministeriums und der Monopolkommission, hat jüngst zu diesem Thema ein Buch verfasst: «Klima muss sich lohnen». Darin verweist er unter anderem darauf, dass Grossbritannien die Preise für die Zertifikate derartig erhöht hat, dass Kohlekraftwerke zugunsten von Gas und vor allem der Solarenergie zurückgefahren wurden. Wenn Schadstoffausstoss zu teuer wird, so die Logik des Ökonomen, werden alle anderen Verfahren mit geringeren Belastungen für das Klima attraktiver.

Dazu gesellt sich noch ein mindestens ebenso wichtiger zweiter Effekt: Je gebräuchlicher alternative Formen der Energiegewinnung beziehungsweise Nutzung werden, desto mehr wird geforscht, verfeinert und gefertigt, was wiederum die Preise für jedes einzelne Modul oder die einzelne Anlage senkt. Das ist wiederum gerade für die Länder interessant, die auf möglichst geringe Kosten für die Energiegewinnung achten müssen.

Es ist also die Wirtschaft, die zwar einen wesentlichen Beitrag zum gegenwärtigen Klimadesaster geleistet hat, jetzt aber auch den Ausweg weiss. Denn, so der Ökonom Achim Wambach, staatliche Massnahmen wie Verbote oder andere Restriktionen können niemals so effizient sein wie die Macht der unsichtbaren Hand. Wer Geld sparen will, entscheidet sich sozusagen wie von selbst für klimafreundliche Technologien.

Man kann über Sinn und Unsinn der Zertifikate streiten, und das geschieht ja auch. Aber aus ökologischer Sicht ist es zu begrüssen, dass aus einer Reihe von Gründen die Nutzung fossiler Brennstoffe wie Öl, Gas und Kohle deutlich teurer geworden ist und allem Anschein nach noch weiter im Preis steigen wird. Doch besteht die Gefahr, dass Ökonomie und Ökologie ihre Rechnung ohne die Politik machen. Denn schon lange akzeptieren Politiker nicht die sozialen Spannungen, die mit höheren Energiepreisen einhergehen.

Nichts fürchten Politiker mehr als neue Proteste nach dem Vorbild der französischen Gelbwesten. Und der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz, dessen Auskunftsfreude bekanntlich ebenso limitiert ist wie die Niederschlagsmengen in diesem Jahr, versichert schon jetzt bei jeder sich bietenden Gelegenheit, dass im Herbst der Staat bei höheren Energiepreisen wieder einmal grosszügig Geld verteilen wird. Für Politiker ist die Versuchung gross, die Ökologie einem vermeintlichen Menschenrecht auf billige Energie zu opfern.

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