Direkt zum Inhalt
  • Politik
  • Kultur
  • Wirtschaft
  • Gesellschaft
  • Medien
  • Über uns
close
Kommentar21

Politisches Ehedrama

2. Juli 2015
Urs Meier
Beide Kontrahenten im griechischen Schuldendrama sollten wirtschaftliche und staatliche Logiken klarer unterscheiden.

Das Drama um Griechenland hat bei den Akteuren Emotionen hervorgerufen, die den Gefühlsstürmen einer heftigen Beziehungskrise ähneln. Die eine Seite fühlt sich gedemütigt, die andere hintergangen. Es ist die Rede von verscherztem Vertrauen. Man ist in Brüssel und Berlin augenscheinlich im Zweifel, was Athen eigentlich will: dabeibleiben, ausscheren, die Spielregeln ändern oder ein ganz anderes Spiel? Die griechische Regierung wiederum traut den «Institutionen» und der EU kein redliches, dem Interesse ihres Landes dienendes Vorgehen zu. Beide Kontrahenten sehen ihr Misstrauen handfest begründet. In der angespannten Lage liefern sie der Gegenseite laufend weiteren Stoff, mit dem sie deren Argwohn bestärken. Der Konflikt hat die Dynamik eines Ehekrachs, der zum definitiven Bruch zu führen droht.

Wie so oft in Ehekrisen, funken auch hier Verständigungsprobleme dazwischen. Im hellenischen Schuldendrama rühren diese vielfach daher, dass zwei unterschiedliche Logiken sich ins Gehege kommen. Die eine ist die der wirtschaftlichen Begriffe und Denkweisen, die andere gehört zum Diskurs um nationale Identität und Souveränität. Obschon sie sich kaum mehr entwirren lassen, kann man diese Logiken doch unterscheiden, was den Streit versachlichen würde. Die Athener Regierung könnte so eher anerkennen, dass ein Staat, der Kredit aufnimmt, sich nun mal an Vereinbarungen bindet – ohne dadurch zwingend seine nationale Würde zu beschädigen. Auf der Seite der Gläubiger wäre solches Unterscheidungsvermögen geeignet, den Respekt für einen in Not geratenen Partner jederzeit zu wahren, ohne ihn aber deswegen aus seinen Verpflichtungen zu entlassen.

Staaten sind keine Unternehmen, auch wenn sie in Vielem der gleichen Logik unterliegen wie diese. Sie können Pleite gehen, aber so etwas wie Staatsbankrott gibt es strenggenommen nicht – Staaten hören ja, wenn zahlungsunfähig, nicht zu existieren auf. Ein Land, das wirtschaftlich untergeht, kann seine Menschen nicht entlassen. Kaputt geht allenfalls die Ehe, aber die geschiedenen Partner leben weiter.

Letzte Artikel

Lasten der Geschichte und dräuende Apokalypse

Patrick Straumann 19. Mai 2025

Amerikas «ICH-MIR-MEIN»-Präsident

Ignaz Staub 19. Mai 2025

Rechtsruck – und keine tragfähige Mehrheit

Thomas Fischer 19. Mai 2025

Rutscht Polen ins rechtspopulistische Lager?

Heiner Hug 19. Mai 2025

Rot ist nicht Rot ist nicht Rot

Eduard Kaeser 18. Mai 2025

Das Kontrastive auf kleinstem Raum

Carl Bossard 18. Mai 2025

Newsletter abonnieren

Abonnieren Sie den kostenlosen Newsletter!

Abonnieren Sie den kostenlosen Newsletter!

Zurück zur Startseite
Journal 21 Logo

Journal 21
Journalistischer Mehrwert

  • Kontakt
  • Datenschutz
  • Impressum
  • Newsletter
To top

© Journal21, 2021. Alle Rechte vorbehalten. Erstellt mit PRIMER - powered by Drupal.