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Präsidentschaftswahl

Ouff

8. Mai 2017
Hans Woller
Dieses lautmalerische Wort stossen die Franzosen aus, wenn ihnen ein grosser Stein vom Herzen fällt. Gestern war dieses Ouff in vielen, aber nicht in allen Teilen des Landes zu hören. Ein Kommentar.

Und ein Präsident, der in einer etwas überinszenierten Zeremonie – die an François Mitterrand erinnerte, als er 1981 zum Pantheon pilgerte – im historischen Rahmen des Louvre vor einer perfekt ausgeleuchteten Pyramide von Geschichte und Optimismus spricht, ist allemal besser, als die Fratze des Hasses und der Verachtung, die Marine Le Pen dem Land und der Welt in der denkwürdigen Fernsehdebatte letzten Mittwoch gezeigt hatte. Dafür ist die Chefin des rechtsextremen Front National abgestraft worden.

33,94 Prozent sind in ihren Augen ein schlechtes Ergebnis, die symbolische 40-Prozent-Marke war das Mindeste, das sie sich erhofft hatte.

Frankreich hat noch einmal widerstanden und letztlich der Abschottung, dem üblen Spiel mit den Ängsten der Menschen und dem unverfrorenen Ausschlachten der niedrigsten Instinkte eine Abfuhr erteilt.

Und doch: Marine Le Pen hat 11,5 Millionen Stimmen bekommen, mehr als doppelt so viele wie Jean-Marie Le Pen, als er vor 15 Jahren in die Stichwahl gekommen war.

Dementsprechend meldete die 48-Jährige nur eine Viertelstunde nach Schliessung der Wahllokale bereits ihren Führungsanspruch in der Opposition gegen den neu gewählten Präsidenten an. Ja mehr noch: Ihr schon lange gehegtes Ziel konnte sie, mit diesem Ergebnis im Rücken und angesichts des Zustandes der konservativen Partei, nun erstmals lautstark der Öffentlichkeit preisgeben: Unter ihrer Führung soll sich Frankreichs Rechte neu zusammensetzen – dafür ist sie u. a. bereit, den Namen „Front National“ fallen zu lassen.

Emmanuel Macron, den vor drei Jahren noch so gut wie niemand auf der politischen Bühne Frankreichs kannte, hat ein kleines Wunder vollbracht und es erstmals in Frankreich geschafft, als Parteiloser in der politischen Mitte das höchste Amt im Staat zu erobern. Wie nebenbei hat er auch noch dafür gesorgt, dass die beiden traditionellen Parteien fast ganz vom Tisch gefegt wurden.

Und doch gibt es bei seiner Wahl mehr als einen Wermutstropfen.

Die schwache Wahlbeteiligung von nur 75 Prozent mindert seine Legitimität – zumal darüber hinaus mehr als vier Millionen Wähler – ein absoluter Rekord – diesmal einen leeren oder einen ungültigen Wahlzettel abgegeben haben, um zu zeigen: Wir können weder diesen Wirtschaftsliberalen noch die Rechtsextreme wählen.  

Und: nur rund acht der 20 Millionen Franzosen, die Macron ihre Stimme gegeben haben, taten dies, weil sie ihn oder sein Projekt offensiv unterstützen wollen. Alle anderen wählten den 39-Jährigen vor allem, um Marine Le Pen zu verhindern.

Gleichzeitig ist bei allem Enthusiasmus am Wahlabend nur relativ schwer vorstellbar, wie Macron bei den Parlamentswahlen am 11. und 18. Juni eine Regierungsmehrheit bekommen könnte. Seine junge Bewegung „En Marche!“ ist per Definition so gut wie nirgendwo wirklich verankert.

Die Verantwortung, die auf Macron lastet, ist wahrlich gigantisch, denn jeder spürt: Dieses Land ist nach dieser Wahl gespaltener denn je. Und sollte Frankreichs neuer Präsident nicht reüssieren, weiss man jetzt schon, dass im Jahr 2022 Marine Le Pen dann noch ein Stück näher an der Macht sein wird, als sie es jetzt schon war. 

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