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Kommentar 21

Nur ein Vogelschiss

7. Juni 2018
Christoph Kuhn
Ein Ritual, dem schwer beizukommen ist.

Vogelschiss ist eklig. Und wenn einer Hitler und die Nazis für „nur ein(en) Vogelschiss in über tausend Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte“ hält, dann benimmt er sich auch eklig. Dieser eine, der Vogelschiss-Bemüher, heisst Alexander Gauland, ist Fraktionsvorsitzender der AfD im deutschen Bundestag und hat den stupiden Vergleich kürzlich in einer öffentlichen Rede zum Besten gegeben. Er weiss natürlich genau, was er mit solchen Provokationen anrichtet, er kennt die Folgen (es sind schon fast Rituale), versteht sie einzuschätzen – und hofft von ihnen zu profitieren, was nicht einmal auszuschliessen ist. Die Folgen: emotionale, von Betroffenheit und Empörung vibrierende Reaktionen in den Medien, den Parteien, den sozialen Netzwerken; dann die Forderung, Gauland und andere AfD-Exponenten nicht mehr zu öffentlichen Diskussionen, Talkshows etc. einzuladen, was selbige benutzen, um sich als Diskriminierte, als Opfer zu stilisieren, was wiederum ihre potentielle Anhängerschaft vergrössern könnte.

Das Problem ist, dass bis jetzt niemand ein probates Rezept kennt, mit dem diesem Circulus vitiosus beizukommen wäre. Wenn es auch einzelne Zeitungen gibt, die beschlossen haben, das Spiel nicht mitzuspielen und also derartige Provokationen zu ignorieren, werden sie doch bei weitem von den andern dominiert, die es für eine moralische Pflicht halten, den Eklat so lange breitzuschlagen, bis er in die kleinsten Bestandteile zerlegt ist – oder bis der nächste am Horizont auftaucht.

Und wie steht es mit der Gesprächsverweigerung, der Kaltstellung, der Nicht-Einladung von AfD-Exponenten an mediale Diskussionen? Ein solcher Boykott scheint den Provokateuren mehr zu nützen als zu schaden. Man muss sich ihnen stellen, auch öffentlich, es gibt keinen anderen Weg. Und die das verdankenswerterweise tun, müssen eloquent, gewappnet, argumentativ überzeugend sein und nicht dem Fehler verfallen, Gleiches mit Gleichem vergelten zu wollen und sich also ebenfalls einer vulgären, brutalen Sprache zu bedienen. Ob das genügt, um Gaulandsche Vogelschisse und Ähnliches unschädlich zu machen, ist schwer zu sagen – einem vernünftigen Demokratieverständnis würde es jedenfalls entsprechen.

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