Direkt zum Inhalt
  • Politik
  • Kultur
  • Wirtschaft
  • Gesellschaft
  • Medien
  • Über uns
close
Sprach-Akrobatik

Niedertracht

11. Mai 2018
Stephan Wehowsky
Das Wort Niedertracht wird derzeit kaum gebraucht. Aber die Niedertracht hat es bis ganz nach oben geschafft.

Niedertracht ist durch und durch destruktiv. In ihr steckt die Rache der vermeintlich zu kurz Gekommenen. Sie wollen schaden um des Schadens willen, sie zerstören, weil die Zerstörung ihnen Lust bereitet. Darin liegt ihr „niederes Trachten“.

Mit dem Schaden stillt der Niederträchtige nicht nur sein Rachebedürfnis. Vielmehr zeigt er in seinem Triumph, „wer er ist“. Die vermeintlich zu kurz Gekommenen betreten die Bühne und stellen ihre Destruktivität zur Schau: Schaut einmal, was wir alles kaputtmachen können. Mit uns muss man rechnen!

Auf der Bühne macht der Niederträchtige alle Werte lächerlich, die bis zu seinem Auftritt gegolten haben. Dabei steigert er sich in eine Radikalität hinein, in der er mehr und mehr den Hanswurst gibt. Je stärker er sich selbst unmöglich macht, desto grösser seine Wirkung und die Befriedigung seiner Anhänger. Denn seine Botschaft lautet: Nichts gilt mehr!

Niedertracht hat etwas Absolutistisches. Niemand ausser dem Anführer der niederträchtigen Meute soll festen Boden unter den Füssen haben. Die Meute johlt, wenn der Meister der Niedertracht wieder einen Ahnungslosen in den Orkus jagt.

Der Niederträchtige zerstört die Logik der Sprache und damit die Möglichkeit jeder Argumentation. Denn der Niederträchtige kennt als einziges Subjekt nur sich selbst. Die Perspektive eines anderen kann er nicht einnehmen. Er hat buchstäblich keinen Ansprechpartner, mit dem er in einen sprachlichen Austausch von Argumenten treten könnte.

Für den Niederträchtigen gibt es nur ergebene Anhänger und nichtsnutzige Feinde. Ein Drittes gibt es nicht. Deswegen schwankt er zwischen totaler Abwertung oder massloser Überhöhung des anderen: In beiden Fällen ist der andere kein reales Subjekt, dessen Ansprüche zur Kenntnis genommen werden müssten.

Der Niederträchtige kann sich seine eigene Grösse nur in dem Masse vorstellen, wie er andere klein macht. Da er der ewig Gekränkte ist, muss er seine Wut wieder und wieder herausschreien. Und keine Geste ist für ihn gross genug. Ihm kommt nicht der Gedanke, wie lächerlich sein Gehabe wirken könnte. Lächerlich sind immer nur die anderen, eben die, auf die er seine ganze Niedertracht richtet.

Letzte Artikel

Wie weiter mit dem Klimaschutz?

Jörg Hofstetter 5. Dezember 2025

Der Papst und der Patriarch von Istanbul in Nizäa – Nur der Kaiser fehlte

Erwin Koller 4. Dezember 2025

EU berechenbarer als USA

Martin Gollmer 4. Dezember 2025

Dröhnendes Schweigen um Venezuela

Erich Gysling 1. Dezember 2025

Spiegel der Gesellschaft im Wandel

Werner Seitz 1. Dezember 2025

Bücher zu Weihnachten

1. Dezember 2025

Newsletter abonnieren

Abonnieren Sie den kostenlosen Newsletter!

Abonnieren Sie den kostenlosen Newsletter!

Zurück zur Startseite
Journal 21 Logo

Journal 21
Journalistischer Mehrwert

  • Kontakt
  • Datenschutz
  • Impressum
  • Newsletter
To top

© Journal21, 2021. Alle Rechte vorbehalten. Erstellt mit PRIMER - powered by Drupal.