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Panama

Ein Kanal in Nöten – nicht wegen Trump

8. Februar 2025
Heiner Hug
Panamakanal
14’000 Container: Ein Frachtschiff am Freitag in den Cocoli-Schleusen im Panamakanal (Keystone/EPA/Carlos Lemos)

Früher durchquerten täglich 30 bis 40 Frachtschiffe den Panama-Kanal. Zurzeit sind es oft nur die Hälfte. Eine der wichtigsten Wasserstrassen der Welt ist bedroht und verliert längerfristig an Bedeutung. Nicht wegen Trumps Drohungen, den Kanal nötigenfalls mit Gewalt zu übernehmen. Auch nicht wegen der Präsenz der Chinesen. 

Die USA, die den 82 Kilometer langen Kanal vor dem Ersten Weltkrieg gebaut hatten, haben ihn vor 25 Jahren Panama übergeben. Der kürzlich verstorbene amerikanische Präsident Jimmy Carter war es, der Ende 1999 die Wasserstrasse mit einem völkerrechtlich bindenden Vertrag den Panamaern vermachte. Schon damals gab es in den USA Stimmen, die diese Übergabe als strategischen Fehler bezeichneten. Donald Trump erklärte immer, die USA hätten den Kanal mit viel Geld und einem hohen Blutzoll gebaut, also seien sie deren Besitzer. Dass Panama in den letzten zwanzig Jahren selbst zwischen fünf und acht Milliarden Dollar (je nach Quelle) aufwendete, um den Kanal zu erweitern, damit ihn auch riesige Schiffe durchqueren können – das sagt Trump nicht.

Er kritisiert die hohen Gebühren und nennt sie «Abzocke», obschon sie vergleichsweise nicht höher sind als jene für eine Durchfahrt des Suezkanals. Die Transitgebühren richten sich nach der Grösse des Schiffes, dem Tiefgang, dem Wetter und der Jahreszeit. Oft ist der Andrang in den Häfen am Pazifik und Atlantik so gross, dass die Frachter oft tagelang warten müssen, bis sie die Erlaubnis zur Durchfahrt erhalten. 

Panamakanal
Wartende Frachtschiffe im künstlichen Gatúnsee. Er liegt nahe von Colón auf der atlantischen Seite der Einfahrt zum Kanal. (Keystone/AP/Mathias Delacrloix)

Containerschiffe zahlen zwischen 80’000 und 120’000 Dollar für eine Durchfahrt. Für die sogenannten «Ultra Large Container Vessels» (ULCVs), können die Kosten auf über 450’000 US-Dollar steigen. Das ist immer noch billiger, als wenn die Schiffe über die Südspitze Südamerikas, über das Cap Hoorn, fahren müssten. 

Trump bemängelt auch, dass die Chinesen die Hand auf den Kanal gelegt hätten. Zwar sind tatsächlich – wie fast überall in Lateinamerika – viele Chinesen in Panama angestellt, um den Betrieb des Kanals zu gewährleisten. Doch die Oberhoheit über die Wasserstrasse liegt eindeutig bei Panama. Raul Mulino, der panamaische Präsident, ist kategorisch: «Der Panamakanal gehört den Panamaern. Es gibt keinen rechtlichen Mechanismus, mit dem Trump die Rückgabe fordern könnte.» 

Kanaleingang
Ein Frachtschiff fährt unter der «Puente de las Américas» in Panama-Stadt in den Kanal hinein. (Keystone/AP/Mathias Delacroix)

Panama versucht jetzt, Trump zu besänftigen und hat eine Untersuchung über chinesische Aktivitäten in Panama angekündgit. Am Donnerstag dann hat die Regierung – auf Trumps Druck hin – den Rückzug aus dem chinesischen Prestigeprogramm «Neue Seidenstrasse» angekündigt. Panamas Präsident Mulino erklärte, seine Regierung werde die Beteiligung an dem geopolitisch wichtigen Abkommen nicht verlängern. Panama hatte sich, wie die meisten Länder der Region, dem chinesischen Seidenstrasse-Projekt angeschlossen. Trump befürchtet, dass der chinesische Einfluss in Panama «eine direkte Bedrohung für die nationalen Interessen der USA» ist. Der Panamakanal hat auch militärische Bedeutung.

Letzte Woche schickte Trump seinen Aussenminister Marco Rubio nach Panama. Dieser sprach später davon, das mittelamerikanische Land habe «einen grossen Schritt vorwärts» gemacht, indem es eine Untersuchung über chinesische Aktivitäten einleite und den Seidenstrasse-Vertrag kündige. Anschliessend goss das Aussenministerium in Washington Öl in Feuer und behauptete, amerikanische Schiffe könnten künftig gratis durch den Kanal fahren. Ein sichtlich enervierter Präsident Mulino bezeichnete dies als «Fake News». Alle würden gleich behandelt. Und er gab sich kategorisch: «Der Panamakanal gehört den Panamaern. Es gibt keinen rechtlichen Mechanismus, mit dem Trump die Rückgabe fordern könnte.» 

150 Millionen Liter Wasser pro Durchfahrt

Doch nicht nur Trumps Drohungen, den Kanal mit Gewalt zu übernehmen, bereiten der panamaischen Regierung Sorgen. Viel gravierender als Trumps Säbelrasseln ist etwas anderes. 

Es fehlt an Wasser. Wegen des Klimawandels können immer weniger Schiffe die Landenge durchqueren – und deshalb gehen die Einnahmen zurück. Für Zehntausende Menschen in Panama, die den Betrieb und den Unterhalt des Kanals sichern und von ihm leben, sieht die Zukunft nicht gut aus. Um vom Atlantik zum Pazifik zu gelangen – und umgekehrt – muss eine Höhendifferenz von 26 Metern überwunden werden. Dazu mussten riesige Schleusen gebaut werden. Damit sie gefüllt werden können, braucht es – für eine einzige Durchfahrt – 150 Millionen Liter Wasser. 

Cocoli-Schleusen
Container-Schiffe in den Cocoli-Schleusen nahe von Panama-Stadt (Keystone/EPA/Bienvenido Velasco)

Der Klimawandel führt nun dazu, dass es in Panama immer weniger regnet. Das Land gehörte einst zu einer der regenreichsten Region der Welt. Doch das war einmal. Im letzten und vorletzten Jahr erlebte Panama die schlimmste Trockenheit seit Aufzeichnung der Daten. Schuld war «El Niño», verursacht durch die höheren Oberflächentemperaturen im Pazifik. Viele Wissenschaftler rechnen damit, dass El-Niño-Ereignisse künftig häufiger und stärker auftreten werden. Keine schönen Aussichten für den Kanal.  

Durchfahrten um 40 Prozent verringert

Wenn es weniger regnet, füllen sich die Stauseen, die den Kanal speisen, langsamer. Das bedeutet, dass weniger Wasser für den Betrieb der Schleusen zur Verfügung steht und somit weniger Schiffe passieren können. Zudem führen höhere Temperaturen zu einer zusätzlichen Verdunstung des Wassers im Kanal und in den Stauseen. 

Folge ist ein sinkender Wasserspiegel. Was wiederum dazu führt, dass die Riesenfrachter den Kanal nicht durchqueren können. Die grössten Schiffe, die den Kanal passieren, gehören zur «Neopanamax»-Generation. Sie sind bis zu 58 Meter hoch, 366 Meter lang, 49 Meter breit und haben einen Tiefgang von bis zu 15 Metern. Neopanamax-Frachter können 14’000 Container transportieren. Diese Giganten brauchen viel Wasser im Kanal. Gemäss Angaben der Kanalbehörde musste die Zahl der Durchfahrten teilweise um 40 Prozent reduziert werden, manchmal auch um mehr. Resultat sind höhere Transitpreise, die Trump dann als «komplette Abzocke» bezeichnete. Lange Verspätungen führen zu einer Verteuerung der transportierten Güter. 

Alternativen

Die Situation führt dazu, dass Unternehmen begonnen haben, längerfristig über Alternativrouten nachzudenken. In Panama befürchtet man, dass wegen des Klimawandels der Kanal Marktanteile verlieren könnte. 

Immer wieder wird jetzt ein «trockener Kanal» in Südmexiko ins Spiel gebracht: Der «Corredor Interoceánico» ist eine 308 Kilometer lange Eisenbahnverbindung zwischen Salina Cruz am Pazifik nach Coatzacoalcos am Atlantik mit einem Strang bis nach Veracruz. Mexiko ist dabei, diese Eisenbahnverbindung, diesen «Corredor Interoceánico del Istmo de Tehuantepec», wie die Verbindung offiziell heisst, zu modernisieren und auf zwei Spuren auszubauen. In guten Zeiten wurden fast 300 Millionen Tonnen Güter durch den Kanal geschifft. Die Eisenbahn wird höchstens fähig sein, einen Teil davon zu transportieren.

Es gibt auch unausgereifte, abenteuerliche Projekte. Ein geplanter 445 Kilometer langer Kanal durch Nicaragua ist wohl eher ein Hirngespinst. 

Und die Chinesen?

Auch wenn der Panamakanal wegen Wassermangels bedroht ist, wird er noch lange die einzige Möglichkeit sein, riesige Container zwischen den beiden Ozeanen zu befördern. 

Und die Chinesen? Sie versuchen seit langem auch in Lateinamerika Fuss zu fassen, nicht nur in Panama. Überall gibt es Beispiele dafür, zum Beispiel in Peru, wo sie in Chancay, nördlich von Lima, einen Handelshafen der Superlative aus dem Boden gestampft haben. Dass Trump China «im Hinterhof der USA bremsen will – dafür haben viele Verständnis. Doch die Chinesen können zurückgedrängt werden – die Trockenheit eher weniger.»

Vielleicht sollte sich Trump eher vermehrt um den Klimawandel kümmern als um den chinesischen Einfluss. Doch den Klimawandel gibt es ja nicht. Sagt er.

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