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Atomverhandlungen USA / Iran

Netanjahu setzt Trump unter Druck

3. Mai 2025
Erich Gysling
Erich Gysling
Shargh
Die iranische Tageszeitung «Shargh» mit dem Titel «Hoffnung auf echte Verhandlungen» und einem Bild des iranischen Aussenministers Abbas Araghchi und des US-Sonderbeauftragten für den Nahen Osten Steve Witkoff am 13. April. Inzwischen ist die Hoffnung auf Eis gelegt. (Foto: Keystone/EPA/Abedin Taherkenareh)

Die Verhandlungen zwischen den Regierungen der USA und Iran sind zwar noch nicht gescheitert, aber sie befinden sich in schwerer Schieflage. In diese Lage sind sie geraten, weil US-Präsident Trump sich abrupt entschlossen hat, das Regime in Teheran durch die Verhängung neuer Sanktionen unter Druck zu setzen – und das inmitten von wöchentlichen  Gesprächsrunden, die beide Seiten als konstruktiv bezeichnet haben.

Die Wende lässt sich nur dadurch erklären, dass hinter den Kulissen eine Drittpartei damit begonnen hat, Druck aufzusetzen – diese Drittpartei ist Israel.

Steve Witkoff, Trumps Mann für alle Fälle (er sollte schon mit Putin über ein Ende des Ukraine-Kriegs verhandeln und zwischen Israel und Hamas vermitteln), hatte die indirekten Gespräche mit Iran ergebnis-offen begonnen. Konkret heisst das: Er nahm zur Kenntnis, dass die Iraner Bereitschaft zeigten, ihr Programm zur Anreicherung von Uran zu begrenzen und rapportierte das nach Washington. Präsident Donald Trump, immer interessiert an einem «Deal», erklärte danach, man befinde sich auf einem «grossartigen» Pfad zur baldigen Einigung. 

Was als Nächstes geschah, war eigentlich vorauszusehen: Israels Premier Netanjahu gab zu verstehen, dass er sich nie und nimmer damit zufrieden geben werde, dass «die Mullahs» in ihren Anlagen lediglich etwas weniger Uran als bisher und auf allenfalls tiefem Anreicherungsgrad produzieren könnten, sondern forderte ein vollständiges Ende des iranischen Atomprogramms, also die Demontierung all der Anlagen, welche das Teheraner Regime im Verlauf der Jahre tief in die Gebirge eingebaut hat. Und am vergangenen Montag, dem 28. April, doppelte er nach: Eine US-iranische Einigung müsste auch die Abrüstung des iranischen Raketenarsenals umfassen, sagte er. 

Keine Einmischung «dritter Parteien»

Teheran reagierte empört – bei den Verhandlungen mit den USA gehe es einzig und allein um das Atomprogramm respektive die Frage der Uran-Anreicherung, äusserte sich der iranische Präsident Peseshkian, «dritte Parteien» sollten sich bitte nicht einmischen. Das iranische Atomprogramm habe keinerlei militärische Ziele und  eine Atombombe dürfe Iran ja schon deswegen nicht konstruieren, weil sie mit dem Islam nicht vereinbar sei. Weshalb dann Iran aber doch fast 200 Kilogramm Uran auf 60 Prozent und damit in die Nähe der «Bombenfähigkeit» angereichert hat, liess Peseshkian offen, aber er erklärte sich bereit, über die Auslagerung dieses kritischen Materials in ein anderes Land zu verhandeln. 

Als das Team um den US-Präsidenten erkannte, dass die Positionen Israels und Irans unvereinbar waren, baute Donald Trump, zwei Tage nach Netanjahus Forderung auf vollständige Demontage des iranischen Atomprogramms, zusätzlich Druck auf: Er verhängte, laufende Verhandlungen mit den Iranern hin oder her, gravierende Sanktionen gegen die iranische Wirtschaft. Ab sofort würden weltweit alle Unternehmen und Privatpersonen sanktioniert, die Geschäfte rund um Irans Erdöl-Exporte machten, dekretierte er. Diese Strafmassnahmen (Einfrieren von Geldern, Verunmöglichen von Transaktionen in US-Dollar, Verbot des Handels mit US-amerikanischen Firmen) treffen Unternehmungen und die Betreiber von Häfen in China und, in geringerem Ausmass, in den Vereinigten Arabischen Emiraten (90 Prozent des iranischen Öls werden nach China geliefert, Reedereien aus den Emiraten sind oft am Umladen der Fracht auf hoher See beteiligt), viel mächtiger aber die iranische Wirtschaft, und zwar in deren Mark.

Gespräche im luftleeren Raum

Iran exportierte im letzten Halbjahr täglich ca 1,6 Millionen Barrel Erdöl (ein Barrel entspricht 159 Litern). Der Alltag der Iranerinnen und Iraner hängt direkt mit dem Gewinn aus dem Öl-Export zusammen – je nach dem Erlös steigen oder sinken die Subventionen etwa für Grundnahrungsmittel, das heisst: Die jetzt dekretierten US-Sanktionen werden für alle im Alltag fühlbar. 

Kein Wunder, dass die iranische Regierung nun die Verhandlungen mit den USA auf Eis gelegt hat. Sie erkennt offenkundig, dass ihre Gespräche mit dem US-Beauftragten in einem luftleerem Raum stattgefunden haben, konkret: dass Steve Witkoff, der «Mann für alle Fälle» und ohne diplomatische Erfahrung, sich nicht mit dem entscheidenden Player, also Israel, abgesprochen hat. Und dass eine Entscheidung über Krieg oder Nicht-Krieg nicht in Washington fällt, sondern in Jerusalem.

Israels Premier Netanjahu verheimlicht nicht, dass er eine offene Konfrontation mit Iran nicht scheut. Die «Jerusalem Post» veröffentlichte kürzlich die Protokolle von Diskussionen auf hoher militärischer Ebene, die zeigen, wie kalt kalkulierend hinter den Kulissen über das Für und Wider eines Schlags gegen die iranischen Atomanlagen debattiert wird. Mossad-Direktor David Barnea vertrat in der protokollierten Debatte die Meinung, Israel habe im Oktober 2024 (beim damaligen Angriff auf iranische Anlagen, an denen mehr als einhundert israelische Flugzeuge beteiligt waren) erkannt, dass das ganze S-300-Luftabwehr-System Irans problemlos ausgeschaltet werden könne – das habe gezeigt, so Barnea, dass Israel eine Konfrontation mit Iran nicht scheuen müsse.

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