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Parlamentswahlen

Kippt die Moldau ins russische Lager?

28. September 2025
Heiner Hug
Maia Sandu
Die moldawische Präsidentin Maia Sandu am Sonntag bei der Stimmabgabe in Chisinau (Keystone/AP/Vadim Ghirda)

Bisher fuhr die frühere Sowjetrepublik mit Staatspräsidentin Maia Sandu einen klar pro-westlichen Kurs. Treiben die jetzigen Parlamentswahlen den strategisch wichtigen 2,3 Millionen-Staat in die Arme Russlands?

Die Moldau (Moldawien) ist eingeklemmt zwischen der Ukraine und Rumänien. Seit jeher versucht Russland das Land, das sich 1991 von der Sowjetunion abspaltete und unabhängig wurde, in den russischen Machtbereich zurückzuholen. Dazu sind dem Kreml fast alle Mittel recht. 

Bisher widerstanden die pro-europäischen Kräfte dem russischen Druck. Bringen die Parlamentswahlen nun eine pro-russische Mehrheit? Kann sich Putin heute Abend freuen? Maia Sandu bezeichnete die jetzige Parlamentswahlen als «die wichtigsten in der Geschichte» der Moldau.

«Beispiellosen Desinformationskampagne»

Seit Jahren mischt sich der Kreml aggressiv in die inneren Belange der Moldau ein und steckt Millionen in Desinformationskampagnen und den hybriden Krieg. Menschen werden bezahlt, um gegen die Regierung zu protestieren. Da hört man in der Hauptstadt Chisinau plötzlich hunderte (von Moskau bezahlte) Bürgerinnen und Bürger, die mit Pfannendeckeln lautstark einen prorussischen Wechsel fordern. Fast das ganze Land wird mit Fake-News-Posts überzogen. Auch die EU spricht von einer «beispiellosen Desinformationskampagne». Prorussische Kandidaten wurden von Moskau mit viel Geld unterstützt.

«Wenn die Moldauer stark genug sind und trotz der massiven Einmischung Russlands selbst entscheiden, hat Moldawien die Chance, seine Demokratie weiter zu stärken, seinen Frieden zu schützen und seinen Weg in die EU-Integration fortzusetzen», sagte Sandu am Sonntag bei der Stimmabgabe.

Verliert Maia Sandu die absolute Mehrheit?

Moldawien gehört zu den ärmsten Ländern Europas. Vielen Menschen fehlt das Nötigste. Die Zukunft sieht für viele wenig vielversprechend aus. Von dieser allgemeinen Unzufriedenheit profitieren die prorussischen Kreise, die einen Machtwechsel fordern und eine bessere Zukunft versprechen. 

20 Parteien bewerben sich um die 101 Sitze im Parlament. Sollten die Wahlen kein klares Ergebnis bringen, werden schwierige Koalitionsverhandlungen erwartet. Die pro-europäische Regierungspartei PAS von Maia Sandu könnte laut Umfragen ihre absolute Mehrheit verlieren. Zwar könnte die PAS wieder stärkste Partei werden, doch allein regieren könnte sie nicht mehr und müsste eine Koalition eingehen.

EU-Beitrittskandidat

Es wird ein knappes Ergebnis erwartet. Als im Oktober letzten Jahres darüber abgestimmt wurde, ob das Land den Pro-EU-Kurs in der Verfassung festschreiben will, stimmte eine hauchdünne Mehrheit von 50,39 Prozent dafür. Entscheidend könnten die Stimmen der Exil-Moldawier sein. Hunderttausende von ihnen leben in verschiedenen europäischen Ländern und neigen eher zu einem pro-europäischen Kurs des Landes.

Maia Sandu möchte ihr Land in den nächsten Jahren in die EU führen. Sollte sie geschwächt aus den Wahlen hervorgehen, könnte der Beitrittsprozess erschwert werden.

Riesige Waffenlager, Tausende russischer Soldaten

Über dem Land hängt nach wie vor das transnistrische Damoklesschwert. Östlich des Flusses Dnistr hatte sich schon kurz nach der Unabhängigkeit ein schmaler Landstreifen vom Mutterland abgespalten. Prorussische Kräfte errichteten dort die «Republik Transnistrien», die international nur von Russland anerkannt wird. Hauptstadt ist Tisaspol (Trans-Nistrien = jenseits, östlich des Dnistr-Flusses). Der Kreml lagert dort riesige Waffenlager in Cobasna und hat Tausende Soldaten stationiert. 

Immer wieder halten sich Gerüchte, wonach der Kreml im Zuge der Invasion in der Ukraine auch die frühere Sowjetrepublik Moldawien «heimholen» könnte. Strategisch würde eine russische Besetzung Moldawiens Sinn machen: Die russischen Streitkräfte könnten dann die Ukraine nicht nur von Osten und Süden, sondern auch von Westen angreifen und so in die Zange nehmen.

Einfache Beute

Würden die in Transnistrien stationierten russischen Soldaten die Moldau überfallen, würden sie wohl auf wenig Widerstand stossen. Die moldawische Armee zählt nur etwa 5000 Soldaten. Eine Invasion Moldawiens wäre für Russland wesentlich einfacher als der Überfall auf die Ukraine.

Moldawien gehört zu den fragilsten Ländern. Im August versuchten europäische Spitzenpolitiker der kleinen Republik den Rücken zu stärken. Anlässlich des 34. Unabhängigkeitstages besuchten unter anderem Bundeskanzler Merz, der polnische Ministerpräsident Tusk und der französische Macron die Hauptstadt Chisinau. Ob sich diese Rückenstärkung jetzt auf das Resultat der Parlamentswahlen auswirkt, wird sich zeigen.

Karte
(Karte: Jopurnal 21/stepmap.de)

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