Nationalratspräsidentin Irène Kälin traf am Abend in Kiew mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskyj zusammen. Kälin war in Begleitung der Nationalräte Nik Gugger (EVP/ZH), Yves Nidegger (SVP/GE) und Roger Nordmann (SP/VD) am Mittwoch früh in Kiew eingetroffen. Zuvor hatte Kälin die Kiewer Vorstadt Irpin sowie den Flughafen Homostel besucht. In Irpin hatten russische Soldaten ein Massaker angerichtet.
Während des Treffens der Schweizer Delegation mit dem ukrainischen Präsidenten waren per Video auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyern und EU-Ratspräsident Charles Michel zugeschaltet.
Die Schweizer Delegation war von Przemysl in Polen mit dem Nachtzug in die ukrainische Hauptstadt gereist.
Zur Delegation gehören auch der Schweizer Botschafter in der Ukraine, Claude Wild, und Artem Rybchenko, der ukrainische Botschafter in Bern. Die Schweizer Besucher trafen in der ukrainischen Hauptstadt mit Vertretern des ukrainischen Parlaments zusammen und wollen ihre Solidarität mit der Ukraine ausdrücken.
Die Delegation war im ukrainischen Parlament empfangen worden.
Gegenüber SRF sagte Kälin (Grüne/AG), für sie sei der Besuch in der Ukraine mit der schweizerischen Neutralität vereinbar.
Kein Gas für Polen und Bulgarien
Der russische Gas-Konzern Gazprom liefert Polen und Bulgarien kein Gas mehr. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte, die EU sei auf dieses Szenario vorbereitet. Der Lieferstopp zeige einmal mehr die Unzuverlässigkeit Russlands als Gaslieferant. Russland setze das Gas erpresserisch ein. «Dies ist ungerechtfertigt und inakzeptabel.»
Stark steigende Gaspreise
Die Preise für Erdgas-Termingeschäfte in Europa stiegen zu Beginn des Handels am Mittwochmorgen um mehr als 23 Prozent. Zuvor hatte der russische Staatskonzern Gazprom Polen und Bulgarien mitgeteilt, dass er die Lieferungen des Brennstoffs eingestellt habe.
Der Schritt von Gazprom kam kurz nachdem die USA und ihre Verbündeten an einer Nato-Tagung in Ramstein beschlossen hatten, mehr Waffen in die Ukraine zu schicken, um das Land bei der Verteidigung seines Territoriums gegen die russische Invasion zu unterstützen.
Polen und Bulgarien sind in hohem Masse von russischen Gasexporten abhängig, ebenso wie Deutschland.
Das schöne Frühlingswetter, das derzeit in Europa herrscht, mildert die unmittelbaren Konsequenzen des Exportstopps. Dennoch wird der Druck, alternative Energiequellen zu fördern, steigen. Marktbeobachter rechnen damit, dass der bereits hohe Gaspreis weiter steigen wird. Dies könnte die bereits hohe Inflationsrate weiter in die Höhe treiben.
«Das Schicksal der Ukraine bleibt in der Schwebe»
Grossbritannien will der Ukraine schwere Waffen, Panzer und Flugzeuge liefern. Dies deutet die britische Aussenministerin Liz Truss in einer Rede an, die sie am Mittwoch halten wird und deren Text in Auszügen bekannt wurde. «Wir können uns nicht zurücklehnen», sagt sie. «Wenn Putin Erfolg hat, wird es in ganz Europa noch mehr Elend sowie schreckliche Folgen in der ganzen Welt geben. Wir würden uns nie wieder sicher fühlen.» Und: «Wir müssen also auf lange Sicht vorbereitet sein und unsere Unterstützung für die Ukraine verdoppeln.»
Heftige Kämpfe
Entlang der gesamten Frontlinie im Donbass werde heftig gekämpft, erklären die ukrainischen Behörden, Die russischen Truppen beschossen die ukrainischen Verteidigungsstellungen mit Mörsern, Artillerie und Raketenwerfern. Beschossen wurden unter anderem auch Charkiw, die zweitgrösste ukrainische Stadt und Barwinkowe. Nach eigenen Angaben hat Russland am Dienstag 32 ukrainische Militärziele angegriffen. Ferner flog die russische Luftwaffe 33 Angriffe. Im Süden wurde Saporischschja angegriffen. Es wird erwartet, dass die russischen Streitkräfte bald auf Saporischschja vorrücken werden. Die Stadt liegt in der Nähe des grössten ukrainischen Atomkraftwerks.
Westliche Waffen zerstört?
Bei einem Raketenangriff auf eine Lagerhalle in der südukrainischen Stadt Saporischschja haben russische Streitkräfte nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums eine grosse Menge westlicher Waffen zerstört. Die Waffen seien aus den USA und europäischen Ländern an die Ukraine geliefert worden. Die ukrainischen Behörden haben sich bisher nicht zu dieser Meldung geäussert.
Russische Verstärkung im Donbass
Die russischen Streitkräfte haben nach Angaben des ukrainischen Generalstabs zwei taktische Bataillone der 76. Luftlandedivision von Russland in die ostukrainische Stadt Isjum verlegt. Isjum liegt zwischen Charkiw und Kramatorsk. Die Russen versuchen, die ukrainischen Truppen im Donbass einzukesseln und haben nach Meldung des ukrainischen Generalstabs einige kleinere Geländegewinne erzielt.
Guterres hat wenig erreicht
Die Uno und das IKRK sollen bei der Evakuierung der Zivilisten im südukrainischen Mariupol mitwirken. Darauf haben sich «grundsätzlich» Präsident Putin und Uno-Generalsekretär António Guterres geeinigt. Die beiden waren am Dienstag im Kreml zusammengetroffen. Guterres war in jüngster Zeit für die passive Rolle der Uno im Ukraine-Krieg kritisiert worden. Russische Kämpfer haben immer wieder Evakuierungsversuche in Mariupol verhindert. Im Stahlwerk Asowstal harren noch immer etwa 2’500 Kämpfer und vermutlich etwa 1’000 Zivilisten aus.
Dauert der Krieg bis Ende Jahr?
Die neuen, schweren Waffen, die die Ukraine erhalte, könnten wichtige Auswirkungen auf den Kriegsverlauf haben, erklärte Olexij Arestowytsch, ein Berater von Präsident Selenskyj. Aus diesem Grund könnte sich nach seiner Einschätzung der Krieg noch über mehrere Monate hinziehen und vielleicht bis Ende Jahr dauern.
Keine chinesischen Drohnen im Ukraine-Krieg
Der chinesische Drohnenproduzent DJI Technologie will nicht mehr, dass seine Drohnen im Ukraine-Krieg eingesetzt werden. Aus diesem Grund liefert er Russland und der Ukraine keine Drohnen mehr. «DJI verurteilt jegliche Verwendung unserer Drohnen, um Schaden anzurichten, und wir setzen den Verkauf in diesen Ländern temporär aus, damit niemand unsere Drohnen im Kampf einsetzt», erklärt ein Konzernsprecher der Agentur Reuters. DJI ist der weltweit grösste Drohnenproduzent.
«Keine Angst vor Transnistrien»
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskyj sagt, seine Truppen seien auf einen möglichen russischen Angriff aus dem abtrünnigen moldawischen Separatisten-Streifen gewappnet. Man kenne die Stärke dieser Truppen und habe keine Angst vor ihnen. (Siehe nebenstehenden Artikel «Ein Sprungbrett für die Russen».)
8,3 Millionen Flüchtlinge?
Wie das Uno-Hochkommissariat für Flüchtlinge, UNHCR, mitteilt, könnte die Zahl der Ukraine-Flüchtlinge bis Ende Jahr auf 8,3 Millionen steigen. Gemäss jüngsten Erhebungen haben bisher 5’317’219 Ukrainer und Ukrainerinnen das Land verlassen. Allein Polen hat fast 3 Millionen Flüchtlinge aufgenommen, nämlich 2’944’164.