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Sprach-Akrobatik

Kampf gegen rassistische Süssigkeiten

15. Mai 2020
Heiner Hug
Jetzt ist es also soweit. Das Zürcher Café „Mohrenkopf“ darf nicht mehr so heissen.

Mutlose Zürcher Beamte sind eingeknickt. Der „political correctness“ frönend, verlangten sie eine Umbenennung des beliebten Lokals im Niederdorf. Das Etablissement trägt jetzt den unverhofft originellen Namen „Frisk Fisk“.

Sprachpuristen und Weltverbesserer sagen, Sprache könne diskriminieren. Eine Änderung der Sprache könne dazu beitragen, die Diskriminierung abzubauen. Das mag oft stimmen.

Doch übertreiben wir nicht manchmal? Exerzieren wir hier das Thema nicht am falschen Objekt? Die Diskussion um das Wort „Mohrenkopf“ dauert schon ewig. Der Ausdruck sei rassistisch, heisst es. Ist er das?

Die Gender-Frau F. Sch. von der Universität Basel versteigt sich gar auf Facebook zur Schlussfolgerung: „Wenn wir nicht bereit sind, die Sprache zu dekolonialisieren, werden auch weiterhin Geflüchtete ertrinken.“

Also: Essen wir keine Mohrenköpfe mehr und bald gibt es im Mittelmeer keine Toten mehr.

Die Mohrenköpfe gibt es seit über hundert Jahren. Sie sind sozusagen ein Kulturgut. Meine Ur-Grossmutter hat sie schon meiner Grossmutter geschenkt. Die Süssspeise ist lecker, also positiv beladen. Denkt beim Knabbern eines Mohrenkopfs jemand daran, den Kopf eines Schwarzen zu verspeisen? Werden da rassistische Gefühle befriedigt? Wohl eher nicht.

Ist es nicht so, dass wir uns ein gutes Gewissen einhandeln wollen – und deshalb den Mohrenkopf abschaffen? So können wir uns brüsten und sagen: So, wir sind doch gute Menschen, wir tun etwas gegen den Rassismus, wir leisten einen Beitrag gegen die Diskriminierung der Schwarzen.

Gleichzeitig aber stellen wir keine Schwarzen als Arbeitskräfte ein, trauen ihnen nicht, verachten sie, schauen auf sie hinunter, kürzen die Entwicklungshilfe, bezeichnen die Armut in Afrika als selbstgemacht, sitzen im Bus oder in der Strassenbahn nicht neben Schwarze – aber, toll, wir essen keine Mohrenköpfe mehr.

Glaubt jemand, dass diese Sprachkosmetik etwas ändert am immer noch latenten, teils tiefsitzenden Rassismus? Die Hoffnung stirbt zuletzt, heisst es. Die Naivität etwas früher.

Was halten eigentlich die Schwarzen von dieser Diskussion? Ich kenne in Genf einen gebildeten, schwarzen afrikanischen Diplomaten. Er lacht nur, wenn ich ihn darauf anspreche. „Eure Probleme möchten wir auch haben.“

„Wissen Sie“, frage ich, „dass es in der Schweiz ein ‚Komitee gegen rassistische Süssigkeiten‘ gibt?“ Wieder lacht er. „Schickt doch die Mohrenköpfe nach Afrika! Unsere hungernden afrikanischen Kinder würden gerne diese rassistischen Süssigkeiten essen.“

Also: „Sie betrachten ‚Mohrenkopf‘ nicht als rassistisch?“ Antwort: „Non, tout cela, c’est de la connerie, das ist doch alles Quatsch. Respektieren Sie uns Schwarze mehr, verachten Sie uns nicht, nehmen Sie uns für volle Menschen! – dann können Sie so viele Mohrenköpfe verschlingen, wie Sie wollen.“

Und er gesteht: Er sei oft in Bern und habe dort schon oft Mohrenköpfe gegessen. Er würde das auch häufiger tun – „wenn sie nur nicht so viele Kalorien hätten.“

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