Hier, wo täglich bis zu 40’000 Touristen aufkreuzen, küssten sich Anita Ekberg und Marcello Mastroianni. Die Römer Fontana di Trevi ist der wohl berühmteste Brunnen der Welt. Längst ist er zum Symbol des «Übertourimus» geworden. Die Römer Stadtregierung zieht nun die Notbremse – mit wenig Aussicht auf Erfolg.
Die Fontana di Trevi trägt ihren Namen, weil hier im alten Rom drei Strassen aufeinandertrafen: «Tre vie» wurde zu «Trevi». Hier auch endete ein Aquädukt, das schon in vorchristlicher Zeit Wasser aus den sabinischen Bergen nach Rom spülte. Der Brunnen war 1730 von Papst Klemens XII. in Auftrag gegeben worden. 32 Jahre lang wurde an ihm gebaut. 26 Meter hoch ist er, 50 Meter breit. Im Zentrum stehen der Meeresgott Oceanus, daneben zahlreiche Fabelwesen, Tritonen und Meerespferde.
Die weltberühmte Trevi-Szene schuf Federico Fellini im Jahr 1960. Im Film «La dolce vita» spazieren Anita Ekberg und Marcello Mastroianni durch die nächtlichen Römer Gassen. Anita findet eine weisse Katze. Sie bittet Marcello, Milch für das Tierchen aufzutreiben. Während er das tut, steigt Anita ins sprudelnde Wasser des Brunnens. Marcello kommt zurück, mit einem Glas Milch. Jetzt betritt auch er den Brunnen. Vor rauschendem Wasser kommen sie sich näher.
1996, nach dem Tod von Mastroianni, wurde die Fontana für einige Zeit abgestellt. Als Zeichen der Trauer wurde der Brunnen in schwarze Tücher gehüllt.
Das ganze Jahr, auch zu Weihnachten, strömen Besucher und Besucherinnen zum Brunnen. Dicht gedrängt stehen sie vor dem architektonischen Juwel. Da wird geschubst und geschimpft und manchmal sogar geschlagen. Sicherheitskräfte sprechen von tumultartigen Szenen. Und vor allem wird fotografiert. Römer Journalisten schätzen, dass der Brunnen im Sommer täglich bis zu 200’000 Mal geknipst wird.
Angst vor Anschlägen
Sicherheitskräfte mischen sich teilweise in Zivil diskret unter die Menge. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Ansammlungen solcher Menschenmassen ein Ziel für terroristische Anschläge sein könnten. Viele der Touristen sind mit Rucksäcken und Tragtaschen unterwegs. Wer kann da schon alles kontrollieren? Seit den Anschlägen auf Weihnachtsmärkte ist man hier nervös.
Der Brunnen ist seit einem Jahr wieder vollständig zugänglich. Im Hinblick auf das Heilige Jahr 2025 war er drei Monate lang umfassend restauriert und von Smog-Verschmutzungen befreit worden. Der Marmor und der Travertin erstrahlen bei Sonnenschein wieder in herrlich weissem Glanz. Zuvor, in den Jahren 2014 und 2015, hatten 20 Monate lange Restaurationsarbeiten stattgefunden, gesponsert vom Modehaus Fendi.
Zwei Euro gegen den «Overtourism»
Was tun gegen diese Menschenmassen? Ab dem kommenden Februar soll der Besuch dieses künstlerischen Meisterwerks etwas kosten. Wer dann den Brunnen zwischen 09.00 und 22.00 Uhr besuchen will, muss zwei Euro zahlen. Inbegriffen in diesem Preis ist der Zutritt zu sechs Museen, die bisher kostenlos waren. Für Römer und Römerinnen ist der Eintritt frei. Die Stadtregierung unter dem sozialdemokratischen Stadtpräsidenten Roberto Gualtieri hofft, dass die Eintrittsgebühr die Überlastung verringern wird. Die Einnahmen werden auf 6,5 Millionen Euro pro Jahr geschätzt.
Alle Zufahrtsgassen zum Brunnen müssen jetzt abgesperrt werden. Das gefällt nicht allen, vor allem nicht Restaurants und Läden, die dort auf engem Raum ihre Angebote anbieten.
Che confusione, che casino!
Die Massnahme findet nicht nur Befürworter. «Ich finde es wirklich unangebracht, für den Trevi-Brunnen Eintritt zu zahlen. Touristen zahlen bereits eine der höchsten Kurtaxen in ganz Europa, diese zusätzliche Gebühr erscheint mir unnötig. Ausserdem handelt es sich um eine Sehenswürdigkeit, die sich auf einem Platz befindet, nicht in einem Museum. Das ist, als würden wir morgen Eintritt für die Piazza Navona verlangen», erklärte laut Medienberichten Giuseppe Roscioli, stellvertretender Vorsitzender der italienischen Hoteliervereinigung «Federalberghi».
Argumentiert wird, dass die Taxe von zwei Euro lächerlich sei und Rom-Besucher wohl nicht davon abhalten wird, den Brunnen aufzusuchen. Andere weisen darauf hin, dass nun Zahlstellen in den engen Strassen rund um den Brunnen aufgebaut werden müssen. Kassierinnen und Kassiere müssen angestellt werden, ebenso zusätzliche Sicherheitsleute. Sind diese Kassenschalter einem Ansturm von Zehntausenden Besuchern gewappnet, wird gefragt. Das Chaos werde sich einfach in die Nebenstrassen verlagern, prophezeien einige. Und dann die Römerinnen und Römer. Für sie ist der Zutritt frei. Sie, die rund um den Brunnen wohnen, und das sind viele, müssen sich künftig ausweisen, um nach Hause zu gelangen. Che confusione, che casino!
Die Legende
Der Brunnen hat für viele eine mystische Bedeutung. Die meisten Touristen werfen eine Münze ins Wasser. Wer das tut, kehrt gesund und in Frieden nach Rom zurück. So besagt es die Legende. Wer zwei Münzen ins Wasser wirft, wird sich in einen Italiener oder eine Italienerin verlieben. Bei drei Münzen wartet eine Heirat.
Der Brauch, eine Münze ins Wasser zu werfen, wurde erst 1954 richtig populär. Damals entstand die romantische, dramatische Hollywood-Komödie «Three coins in the fountain». Er handelt von drei Amerikanerinnen, die Münzen in den Brunnen werfen – und sich in Rom verlieben. Den Titelsong sang Frank Sinatra.
Nächtliche Raubritter
Viele Banden profitierten lange von diesem Mythos. In der Nacht suchten sie den Brunnen heim, rafften mit Besen und Rechen die Münzen zusammen und steckten sie ein. Pro Nacht verdienten die Bandenmitglieder über tausend Euro. Eigentlich war es schon immer verboten, ins Becken des Brunnens zu steigen. Doch die Polizisten, die den Diebstahl verhindern sollten, drückten ein Auge zu. Mehr noch: Sie beteiligten sich am Gewinn der Geldfischer.
Inzwischen wurde den Banden das Handwerk weitgehend gelegt. Überwachungskameras wurden eingebaut. Seit das Fernsehen eine Übergabe von Geldern an korrupte Polizisten im Geheimen gefilmt hatte, ist die Stadtregierung zur Tat geschritten und verhindert nun die nassen, nächtlichen Raubzüge.
Zwei Euro für Frieden und Gesundheit
Und was geschieht jetzt mit dem Geld im Brunnen? Die Caritas freut’s, denn die Stadtregierung hat beschlossen, das Geld der Hilfsorganisation zukommen zu lassen. Sie unterstützt damit Obdachlose und bedürftige Familien. In jüngster Zeit, so heisst es, seien die Touristen spendabler geworden.
Die Zeiten sind schwierig, die Welt ist aus den Fugen geraten, da und dort herrscht Angst vor der unmittelbaren Zukunft. Und in einer solchen Zeit sind viele Menschen abergläubisch geworden. Sie hoffen, wenn sie eine Münze ins Trevi-Wasser werfen, dass sie wieder nach Rom zurückkehren können. Doch um das tun zu können, müssen sie jetzt zwei Euro Eintritt zahlen.
Doch was sind schon zwei Euro, wenn man sich damit Frieden und Gesundheit erkaufen kann!