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Ukraine

Blutbad im Gefängnis

30. Juli 2022
Twitter
(Foto: Twitter)

Die Ukraine wirft Russland vor, ein Gefängnis mit ukrainischen Kriegsgefangenen bombardiert oder gesprengt zu haben. Dabei seien mindestens fünfzig Inhaftierte ums Leben gekommen. Russland dementiert. In dem Gefängnis sollen sich Dutzende von ehemaligen Kämpfern befunden haben, die in der südukrainischen Stadt Mariupol das Asow-Stahlwerk wochenlang verteidigt und sich dann ergeben hatten. Russland bezeichnet sie als «Neonazis».

Das Gefängnis Oleniwka liegt etwa 20 Kilometer südwestlich von Donezk in einem Gebiet, das von pro-russischen Separatisten beherrscht wird.

Oleniwka
(Karte: Journal21/stepmap.de)

«Sie verdienen einen erniedrigenden Tod»

Die russische Botschaft in Grossbritannien hatte getwittert, dass die Mariupol-Kämpfer «eine Hinrichtung verdienen, aber nicht durch ein Erschiessungskommando, sondern durch Erhängen, weil sie keine echten Soldaten sind. Sie verdienen einen erniedrigenden Tod».
 

Azov militants deserve execution, but death not by firing squad but by hanging, because they’re not real soldiers. They deserve a humiliating death.

Die Ukraine hat inzwischen die Uno und das IKRK gebeten, den Tod von mehr als 50 Kriegsgefangenen zu untersuchen. Das IKRK verlangt Zugang zum Gefängnis. Video-Aufnahmen, die im Internet zirkulieren, zeigen ein Wirrwarr von stählernen Etagebetten und stark verkohlte Leichen. Viele von ihnen sehen abgemagert aus. Bilder zeigen blutüberströmte Tote.

Satellitenbild
Das Oleniwka-Gefangenenlager am Samstag vom Satelliten aus gesehen (Foto: Satellitenbild Maxar Technologies via AP)

EDA verlangt Untersuchung

Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) verlangt eine «sofortige und unparteiische internationale Untersuchung. «Kriegsgefangene müssen an Orten untergebracht werden, die von der Kampfzone so weit entfernt sind, dass sie sich ausser Gefahr befinden», wie das EDA auf Twitter mitteilt. Die vorsätzliche Tötung oder Verletzung von Kriegsgefangenen sei ein Kriegsverbrechen.

Kiew Demo
In Kiew verlangten am Samstag Mütter, Frauen und Freundinnen der Kriegsgefangenen Informationen über das Schicksal ihrer Angehörigen. «Ihr verspracht uns, dass sie zurückkehren», hiess es auf Transparenten. (Foto: Keystone/AP/David Goldman)

«Vorsätzliches Kriegsverbrechen»

Nach ukrainischen Angaben wude das Lager von Russland angegriffen, um Beweise für Folterungen und Tötungen zu vernichten. Präsident Wolodimir Selenskyj bezeichnete den Vorfall als «vorsätzliches russisches Kriegsverbrechen».

Demgegenüber erklärt Russland, das Lager sei von amerikanischen Himars-Raketen getroffen worden, um Russland Kriegsverbrechen in die Schuhe zu schieben.

Abgehörte Funkgespräche

Das russische Verteidigungsministerium präsentierte Fragmente von Raketen, die von Himars-Batterien abgefeuert worden sein sollen. Die Ukraine bestreitet, dass die gezeigten Raketenteile vom Angriff auf das Oleniwka-Lager stammten.

Die Ukraine behauptet, viele Beweisen zu haben, darunter ein abgehörtes Funkgespräch von pro-russischen Separatisten. Andere ukrainische Quellen beschuldigen Söldner der russischen Wagner-Gruppe, das Lager gesprengt zu haben.

Unabhängige Journalisten haben keinen Zugang zum Tatort. Das Gefängnis Nummer 120 stand vor dem Ukraine-Krieg leer. Es wurde nach Kriegsbeginn für Kriegsgefangene benutzt. Auch Zivilisten, die sich gegen die Russen auflehnten, wurden dort interniert.

«Gefangenenkolonie» 

Mitte Mai hatten sich fast tausend ukrainische Kämpfer, die im Stahlwerk Asowstal in Mariupol verschanzt hatten, ergeben. Maria Zakharova, eine russische Regierungssprecherin, hatte damals erklärt, sie seien in eine «Gefangenenkolonie» in Oleniwka gebracht worden. Die Sprecherin wollte nicht sagen, was mit ihnen geschehen sollte.

Bus nach Oleniwka
Mit Bussen waren Mitte Mai die Asowstal-Kämpfer ins Gefägnis von Oleniwka geführt worden. (Foto: Keystone/AP)

Laut den Genfer Konventionen müssen die ukrainischen Kämpfer, die sich ergeben haben, «menschlich behandelt und vor Gewalt, Einschüchterung, Beleidigungen und öffentlicher Neugier geschützt werden». Sie müssen mit Nahrung und Kleidung versorgt und medizinisch betreut werden. Delegierte des IKRK, des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, haben das Recht, die Kriegsgefangenen zu besuchen und die Einhaltung der Konventionen zu überwachen.

Dritte Genfer Konvention

Geregelt ist die Behandlung von Kriegsgefangenen in der dritten Genfer Konvention, die auch Russland ratifiziert hat.

Russland erklärt, es handle sich bei den Asowstal-Kämpfern nicht um Kriegsgefangene, sondern um gewöhnliche Verbrecher, die nicht von den Genfer Konventionen geschützt seien.

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