Das war knapp. Bis zum Schluss stand alles auf der Kippe. Schliesslich steht fest: 50,6 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer sagen Ja zum Rentenalter 65 für Frauen. Das Ja-Lager erzielte 1’443’075 Stimmen, lediglich 32’316 mehr als das Nein-Lager. Das ist eine der tiefsten je erzielten Zustimmungsquoten. Deutlich angenommen hingegen wird die Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der MWST. Ganz knapp verworfen wird die Teilabschaffung der Verrechnungssteuer. Chancenlos blieb die Initiative «gegen Massentierhaltung in der Schweiz». Die Ergebnisse zum Rentenalter 65 für Frauen zeigen einen klaren «Rösti- und Polentagraben». Die Westschweiz und das Tessin stimmen mehrheitlich gegen eine Erhöhung des Rentenalters für Frauen – die deutsche Schweiz mehrheitlich dafür.
Lukas Golder, Politikwissenschaftler von gfs.bern erklärte am Schweizer Fernsehen, das «wuchtige Nein» in der Westschweiz zum Frauenrentenalter 65 sei einzigartig. «Das haben wir so bisher noch nie gesehen». Im Jura sagten 70,9 Prozent Nein, in Neuenburg 64,5 Prozent, Genf 62,8 Prozent, Waadt 62,1 Prozent, in Freiburg 60,5 Prozent und im Wallis 55 Prozent. Das Tessin sagt mit 57,1 Prozent Nein.
In der deutschen Schweiz sagte einzig Basel-Stadt mit 53,2 Prozent Nein, in Schaffhausen gab es 50 Prozent Ja und 50 Prozent Nein. Bern sagt mit 50,4 Prozent knapp Ja.
Die Stimmbeteiligung lag gesamtschweizerisch bei 52 Prozent, was ein beachtliches Ergebnis ist.
- 56 Prozent bejahten die Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer.
- Zur Teilabschaffung der Verrechnungssteuer sagten 51 Prozent Nein.
- Die Initiative «gegen Massentierhaltung in der Schweiz» wird mit 62 Prozent abgelehnt.
Drei Siege, eine Niederlage – drei Niederlagen, ein Sieg
Den bürgerlichen Parteien bringt das Abstimmungswochenende drei Siege und eine, allerdings schmerzhafte, Niederlage. Die Bürgerlichen hatten sich für die zwei AHV-Initiativen und gegen die Massentier-Vorlage ausgesprochen. Andererseits befürworteten sie die jetzt knapp abgelehnte Teilabschaffung der Verrechnungssteuer.
Für die Linke ist der Abstimmungstag kein Freudentag. Einzig das knappe Nein zur Teilabschaffung der Verrechnungssteuer ist in ihrem Sinn. Andererseits hatten sie gegen die beiden AHV-Initiativen und für die Initiative «gegen Massentierhaltung in der Schweiz» gekämpft. Dass das Rentenalter 65 für Frauen nur haarscharf angenommen wurde, ist immerhin ein gewisser Achtungserfolg der Linken – der Folgen für spätere Diskussionen zur Reform der Sozialwerke haben könnte.
(J21)