Kora Bürgi ist den Spuren Frank Lloyd Wrights in der Schweizer Architektur nachgegangen. Ihre Studie überrascht mit vielen Bauten, die bis anhin wenig bekannt waren. Nun ist die aussergewöhnliche Matura-Arbeit der jungen Forscherin als Buch erschienen.
Das Buch weckt bei mir Kindheitserinnerungen. Wenn ich in Littau zum Doktor musste, dann stets mit einem beklemmenden Gefühl. Das lag nicht zuletzt an der Architektur des Gebäudes. Das flache Haus mit seinen dunklen Klinkerfassaden wirkte abweisend, und hatte man die Schwelle der Arztpraxis überschritten, so befand man sich einem Labyrinth, das mich als Kind ängstigte.
Erst viel später wurde mir die architekturgeschichtliche Bedeutung dieses Gebäudes bewusst. Es ist der vielleicht wichtigste Zeuge der Wright-Schule in der Schweiz. Dessen Architekt Josef Gasser war ein grosser Bewunderer des Amerikaners. Gassers Arbeiten bilden denn auch in Kora Bürgis Buch einen Schwerpunkt, insbesondere mit dem Heimbachschulhaus in Luzern, seinem Hauptwerk, weiter mit dem Hochhaus Fanghöfli unweit der erwähnten Arztpraxis und schliesslich mit seinem Eigenheim nahe des Bireggwalds.
Insgesamt werden 14 Artefakte ausführlich beschrieben und 28 weitere im Anhang aufgeführt. Eine kenntnisreiche Einführung in die Charakteristik der architektonischen Sprache Frank Lloyd Wrights erleichtert die Analyse der Innerschweizer Bauten, bei denen sich Elemente von Wrights Präriehäusern wiederfinden. Parallelen zeigen sich etwa mit dem für Wright so wichtigen zentralen Raum samt Fireplace, dem offenen Kamin, aber auch in der Wahl der Materialien, den Dachformen und der horizontal geprägten Tektonik.
Zusätzlich bezieht die Autorin die beiden städtebaulichen Studien des Nidwaldner Architekten Arnold Stöckli ein, die bis anhin wenig bekannt waren. Stöckli setzte sich intensiv mit der Literatur zu urbanistischen Fragen auseinander und fand in Wrights Ideen wesentlich fruchtbarere Ansätze als etwa in den damals intensiv rezipierten Tabula-Rasa-Lösungen eines Le Corbusier.
Insgesamt erstaunt, wie treffsicher Kora Bürgi die Zeugen der Wright-Rezeption aufspürte. Die Auswahl überzeugt, zumal jeweils die Abhängigkeit von Wright mit nachvollziehbaren Quellen begründet wird. Laut Bürgi soll der Einfluss des Amerikaners zwischen 1950 und 1970 am grössten gewesen sein, also ausgerechnet in der Phase des gewaltigen Baubooms. In dessen Hinterlassenschaften sozusagen die Stecknadeln im Heuhaufen zu finden, war mit einem erheblichen Aufwand verbunden.
Inspiriert wurde Kora Bürgi vom Besuch ikonischer Wright-Bauten in den USA. Im Rahmen ihrer Matura-Arbeit an der Kantonsschule Obwalden hat sie das Thema vertieft und die Brücke geschlagen, indem sie das Schweizer Echo auf den epochalen amerikanischen Baukünstler untersuchte. Der Quart-Verlag Luzern rollte der jungen Forscherin den roten Teppich aus und ermöglichte es, die Matura-Arbeit zu drucken, ausgestattet mit hervorragenden Abbildungen und Plänen.
Kora Bürgi: Der architektonische Einfluss von Frank Lloyd Wright in der Zentralschweiz. Quart Verlag Luzern, 2025