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Kommentar 21

Flüchtende

3. März 2016
Christoph Kuhn
Wie uns die Sprache manipuliert

Immer wieder faszinierend und gut für endlose Erörterungen oder Diskussionen sind die Versuche, manipulative Elemente in unserer Sprache auszumachen. Sprachempfindlich, in unterschiedlichem Mass, sind wir alle. George Orwell hat in seinem 1948 geschriebenen satirisch-finsteren Roman „1984“ die Messlatte für solche Sprachforschungen sehr hoch gelegt. Das „newspeak“, das er erfindet, ist eine dem Volk aufgedrängte Kunstsprache, die das Vokabular vereinfacht, die Bedeutungen einzelner Begriffe einschränkt. So soll das Volk via Sprache vom Regime manipuliert und kontrolliert werden. Jetzt hat eine Hamburger Sprachforscherin, Elisabeth Weling, aktuelles Sprachverhalten, gängige Begriffe untersucht und zeigt auf, was solche Wörter mit uns anrichten können. Was allgemein bekannt sein dürfte: Einzelne Wörter setzen in unseren Köpfen und Herzen Gedanken und Gefühle frei, manchmal heftigster Art. Elisabeth Weling findet in verschiedenen Gebieten erstaunliche Beispiele für das, was für sie in Richtung Manipulation weist. So nimmt sie beispielweise den zur Zeit allgegenwärtigen „Flüchtling“ aufs Korn, der a priori negative Empfindungen wecke, wie alle Begriffe mit der „-ling“-Endung, die immer klein mache und abwerte. „Flüchtende“ schlägt sie als Alternative zu Flüchtlingen vor. Hat sie nicht Recht? Oder ist sie sprachüberempfindlich? Und wie steht es mit den zwei Begriffen, mit denen man uns in den vergangenen Wochen gelöchert hat? Ausschaffungsinitiative, Durchsetzungsinitiative. Wenn das nicht „newspeak“ ist!

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