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Frankreich und die Affäre Dominique Strauss-Kahn

DSK - am Tag danach

16. Mai 2011 , Paris
Journal21
Die französische Presse überbietet sich mit Titeln, die das schier Unglaubliche und die Tragweite dieser ganzen Affäre für Frankreich zum Ausdruck bringen: von einer Schockwelle ist da die Rede, von einer höllischen Affäre, von einem undenkbaren Szenario, von einem Donnerschlag für die Präsidentschaftswahlen - so Le Figaro. Und die Tageszeitung Libération titelt ganz einfach und affirmativ: DSK Out.

Interessant ist das Phänomen, dass der Präsident und die Regierung gestern ganz klar die Parole ausgegeben hatten: wir halten uns zurück und kommentieren nicht. Nur der Regierungssprecher sagt etwas und der sagt auch nur: zunächst hat die Unschuldsvermutung zu gelten und mehr nicht. Kein voreiliges Triumphgeschrei, darüber dass der aussichtsreichste sozialistische Konkurrent von Präsident Sarkozy mit Blick auf 2012 aus dem Rennen ist.

Was allerdings jetzt nach und nach aus dem Regierungslager doch durchdringt, ist die Sorge um das internationale Prestige Frankreichs - ausgerechnet in einem Moment, da Nicolas Sarkozy die G 8 und G 20 Präsidentschaft inne hat. Und nachdem Sarkozy selbst ja einst viel dazu beigetragen hat, dass Strauss-Kahn nach Washington geht, ihn sozusagen weggelobt hat. Die Umweltministerin sprach dann heute auch davon, ganz Frankreich sei ein Opfer dieser Affäre - Frankreich, das seit jeher darauf erpicht war, international wichtige Posten mit Franzosen zu besetzen.

Folgen für Sozialisten

Für Frankreichs Sozialisten sind die Ereignisse das Katastrophenszenario schlechthin im Hinblick auf die kommenden Präsidentschaftswahlen. Zunächst hatte man am Parteisitz eine Krisensitzung für heute Vormittag anberaumt, die hat man dann gleich wieder abgesagt, und die meisten Verantwortlichen sind schlicht auf Tauchstation gegangen, so als hätte es ihnen gründlich die Sprache verschlagen.

Ein altgedienter Kommentator im Land sprach von einer Tragödie. Die Sozialisten hätten noch nie ein Jahr vor den Wahlen einen so idealen Kandidaten gehabt wie Strauss-Kahn, was seine unbestrittenen ökonomischen Kompetenzen angeht und sein sehr positives internationales Ansehen. Und jetzt dies! Denn natürlich wird diese Affäre, wie auch immer sie für Strauss-Kahn ausgeht, auf die gesamte sozialistische Partei abfärben, auch wenn Vizechef Harlem Desir heute betonte, die Sozialisten seien weder enthauptet noch geschwächt - so als hätte Strauss-Kahn mit ihnen nie etwas zu tun gehabt. Nun werden sie wohl entweder Parteichefin Aubry oder den ehemaligen Parteichef Francois Hollande ins Rennen schicken – die beide bei weitem nicht die entsprechende Aura haben.

Für Präsident Sarkozy, in seinem permanenten Popularitätstief, sind Strauss-Kahns Nöte auf den ersten Blick eine gute Nachricht, schliesslich ist sein mit Abstand stärkster Konkurrent aus dem Rennen, wobei Meinungsforscher gestern in ersten Analysen sagten, die Tatsache dass Strauss-Kahn nicht mehr antreten kann, werde vor allem dem politischen Zentrum zu gute kommen, sofern dieses einen eigenen Kandidaten aufstellt – denn in der Tat wäre der Grossbürger Strauss-Kahn der sozialistische Kandidat gewesen, der auch das Zentrum hätte mit abdecken können.

Alte Geschichten und Affären

Seit gestern wird aber auch immer wieder ein sozialistischer Parteifreund von Strauss-Kahn zitiert, der einst gesagt hatte , dessen Verhältnis zu Frauen könnte auf dem Weg ins höchste Staatsamt vielleicht zu seiner Achillesferse werden. In der Tat ist der heute 62-Jährige seit jeher bekannt als Charmeur und Frauenheld - und auch noch mehr. Denn jetzt, nach seiner Verhaftung und der Anklage in New York, erinnert man sich in Frankreich daran, dass Strauss-Kahn in der Vergangenheit einzelne Frauen sogar mehr als bedrängt haben soll. Eine junge Journalistin und Autorin hatte 2007 in einer Talk Show erzählt, wie sie sich im Jahr 2002 mit Ohrfeigen und Fusstritten gegen Strauss-Kahns heftigste Annäherungen gewehrt hatte. Bei der Ausstrahlung der Sendung war der Name Strauss-Kahn mit einem Bip überlegt worden. Die junge Frau hatte damals, auf Druck ihrer Mutter, die Kreistagsabgeordnete der Sozialisten war, auf eine Klage verzichtet, etwas, das sie laut ihrem Anwalt nun nachholen könnte. Und man erinnert sich heute in Frankreich auch daran, dass selbst eine gut aussehende sozialistische Abgeordnete 2008 in einem Interview mit einer Schweizer Zeitung gesagt hatte, nach gewissen Erfahrungen mit Strauss-Kahn vermeide sie es jetzt, sich mit ihm allein in einem Raum aufzuhalten.

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