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Aussenpolitik

Die offene Schweiz rüstet auf

23. Mai 2015
Daniel Woker
Gegen „Geblochtes“ und „Geköppeltes“: Jahresversammlung der Schweizerischen Gesellschaft für Aussenpolitik (SGA)

Das SGA-Treffen ist kein Albisgüetli. Die Gesellschaft muss die Teilnehmer nicht mit Gratisbier und Bratwurst ködern. Auch das nationalistische Gedröhn aufgebotener Claqueure fehlt.

Hier zählt die Kraft der Argumente. Hier wird aufgezeigt, wie sehr unser Land von seiner Offenheit gegenüber einem friedlichen Europa profitiert.

Damit dieses Europa prosperiert, soll und kann die Schweiz einen Beitrag leisten. Sie kann es dank ihrer langen föderalistischen Tradition. Dass dies so ist, haben an der Berner SGA-Generalversammlung zwei Schlüsselreferate deutlich gemacht.

Hauptziel der Nationalkonservativen

Die SAG vertritt die traditionell offene Schweiz – im Gegensatz zu den Nationalkonservativen. Das schweizerische Erfolgsmodell und die politische Kultur waren denn auch das Thema der Rede von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf.

Unsere Finanzministerin war ja, und bleibt, eine Hauptzielscheibe der Nationalkonservativen. Warum die SVP-Spitze und ihre Handlanger gerade die zierliche, nie aufgeregt wirkende Eveline Widmer-Schlumpf mit speziell ohnmächtiger Wut weiter verfolgen, wird auch klar, wenn man ihr zuhört.

Anständige Gesprächskultur

Unter dem Titel ‘Politische Kultur der Verständigung zwischen den Kantonen’ zeichnete sie die intensiv persönlich erlebte Geschichte der Revision des Nationalen Finanzausgleichs NFA nach: zunächst als Präsidentin der kantonalen Finanzdirektoren, später und bis heute auf Bundesebene, als eidgenössische Säckelmeisterin.

Nie polemisch aber mit unanfechtbarer Logik, nie bombastisch aber in glasklarer Darlegung, wies sie nach, wie zentral und unverzichtbar gegenseitiges Vertrauen und anständige Gesprächskultur sind für das politische Erfolgsmodell Schweiz.

Gegen Stammtischgeschwätz

Föderalismus, eingeschlossen dessen wesensnotwendige Mehrheitsbeschlüsse, kann nur dann zu besseren politischen Lösungen beitragen, wenn sich alle Politakteure auch während und nach harter sachlicher Auseinandersetzung mit Respekt begegnen.

Stammtischgeschwätz gegen die ‘classe politique’ in Bern, Brüssel und anderswo, ob „geblocht“ oder „geköppelt“, untergräbt dieses Vertrauen beim Bürger, und zwar jenem Stimmbürger, dem gerade in unserem politischen Spezialmodell eine überproportionale, weil direktdemokratische Rolle zukommt.

Konsensfindung durch Diskussion

Als europäische Ergänzung dazu erläuterte Gilles Grin, Direktor der ‘Fondation Jean Monnet pour l’Europe’ in Lausanne, wie zentral diese Prinzipien auch in der EU sind. Die institutionell vorgesehenen Mehrheitsentscheide im Europäischen Rat, also dem Organ der Mitglieder, sind Ausdruck von europäischem Föderalismus. Sie werden wenn immer möglich vermieden. Der entsprechende Prozess ist in der Schweiz bestens bekannt: Konsensfindung in langen Diskussionen.

Die bald 50-jährige SGA, alte Dame unter schweizerischen Plattformen zur sachlichen Auseinandersetzung über aussenpolitische Themen, steht heute keineswegs mehr allein. Insbesondere seit dem 9.2.14 sind einige neue Strukturen entstanden, welche den europapolitischen Flurschaden dieser Abstimmung eindämmen und ins Gegenteil verwandeln wollen - dieser Abstimmung, welche entgegen der seitherigen Politfolklore finanziell von den Nationalkonservativen dominiert und in gewohnter Manier unlauter bestritten wurde. Zahlreiche damalige Befürworter wussten nämlich nicht, weil es ihnen von den Initianten verheimlicht wurde, dass sie mit ihrem Ja auch gleich den bilateralen Verträgen die Basis entzogen.

Vor dem Showdown

Im Albisgüetli und anderswo kocht die nationalistische Seite die Volksseele hoch. Im Gegensatz dazu kommen jene, die für eine offene Schweiz aufrüsten, rationaler daher. Ob sie nun ‘Die Schweiz in Europa – La Suisse en Europe’, ‘Vorteil Schweiz’, ‘RASA (Raus aus der Sackgasse)’ oder auch anders heissen, ob sie über viel oder wenige Mittel verfügen: gemeinsam ist ihnen das Ziel. Und dieses Ziel heisst: Die Schweiz in gewohnt kluger, traditionell bewährter Weise als offenes Land, als offene Volkswirtschaft und als solidarischen Teil Europas weiter zu führen.

Glücklicherweise verfügen die neuen Organisationen und Formationen heute nicht nur über die Argumente, sondern auch über die Mittel, um die grosse kommende Auseinandersetzung zu meistern: den Showdown nämlich mit rückwärtsgewandtem Hurra-Patriotismus, aber auch mit verzagter politischer Korrektheit, welche das Wort Europa kaum mehr über die Lippen bringt.

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