Kaum eine Frau wurde so oft fotografiert. Nicht nur ihr sinnlicher Blick machte die Männer verrückt. Sie spielte in 48 Filmen, verhalf dem Bikini zum Durchbruch und machte Saint-Tropez zum Wallfahrtsort des Jetsets. Sie engagierte sich als Tierschützerin und zerstörte ihr Image mit ihren Sympathien für die rechtsextreme Le Pen-Partei. Jetzt ist Brigitte Bardot im Alter von 91 Jahren gestorben.
Bardot wurde mit 15 Jahren als Fotomodell entdeckt und entwickelte sich schnell zu einem gefragten Mannequin. Eigentlich war die blonde Sex-Ikone gar nicht blond, sondern brünett. Medien bezeichneten sie in den 50er und 60er Jahren als «begehrteste und schönste Frau der Welt». Gefördert wurde sie vom Regisseur Roger Vadim, den sie heiratete und von dem sie sich 1957 scheiden liess. Der Boulevard stürzte sich auf die «Superblondine» und auf ihre zahlreichen Jetset-Affären. Am 28. September 1960, an ihrem 26. Geburtstag, wollte sie sich mit Champagner und Schlaftabletten das Leben nehmen.
Verheiratet war sie vier Mal, unter anderem mit dem deutschen Playboy Gunter Sachs, mit dem sie sich immer wieder in Gstaad zeigte und der sich später das Leben nahm.
Zu ihren erfolgreichsten Filmen gehören «Et Dieu … créa la femme» 1956, «Babette s’en va-t-en guerre» 1959, «La Vérité» 1960), «Le Mépris» 1963, «Viva Maria!» 1965, mit Jeanne Moreau, und «Les Pétroleuses» 1971.
Unter anderem spielte sie in Filmen von René Clair, Roger Vadim, Jean-Luc Godard, Henri-Georges Clouzot und Louis Malle. 1985 wurde sie in die französische Ehrenlegion aufgenommen. Filmkritiker gingen nett mit ihr um, doch ein ganz grosses Schauspieltalent war sie nicht.
«Lokomotive des Feminismus»
Doch sie war nicht nur Sex-Symbol: In den prüden 50er und den beginnenden 60er Jahren propagierte sie als selbstbewusste Frau ein neues weibliches Rollenbild. Eine Frau durfte endlich schön, freiheitsliebend und sexy sein. «Ich habe viel und leidenschaftlich geliebt», sagte sie einst. «Das liegt in meiner Natur». Simone de Beauvoir, die grosse Philosophin und Frauenrechtlerin, bezeichnete sie als «Lokomotive des Feminismus». Und die grosse Romanautorin Marguerite Duras nannte sie «Reine Bardot».
1973 beendete Brigitte Bardot abrupt ihre Filmkarriere. Vehement begann sie sich für den Tierschutz zu engagieren. Zusammen mit dem Schweizer Tierschützer Franz Weber lancierte sie zahlreiche Kampagnen gegen das Abschlachten der «Bébé Phoques» (der jungen Robben) in Kanada. Es war ein langer Kampf, der schliesslich zum Erfolg führte. In Amerika posierte sie einst nackt mit einem Nerzmantel.
Mit den Jahren entwickelte sie eine eigentlich Islamphobie. Die Islamisten würden das Land erobern, sagte sie. «Diese erzwungene Unterwerfung der Menschen unter den Islamismus ekelt mich an.» Und weiter: «Wir werden bald die Bräuche der Islamisten übernehmen müssen.» Die muslimische Bevölkerung «zerstört unser Land, unsere Lebensweise und will uns ihre Lebensart aufzwingen».
2018 schrieb sie wieder einmal ihre Memoiren*). Darin nimmt sie Bezug auf das islamische Opferfest, dem Aïd el-Kebir, bei dem Muslime Millionen Schafe erwürgen. In der Tageszeitung «Présent», dem Organ des rechtsextremen «Front national» (FN), diffamierte sie die Muslime aufs Schändlichste. Das trug ihr eine Verurteilung wegen Aufrufs zum Rassismus ein. Insgesamt fünf Mal innert elf Jahren wurde sie wegen ähnlicher Delikte bestraft.
Hass auf Frankreich
Sie kapselte sich ab, in Frankreich fühle sie sich nicht mehr zu Hause. Auch die Architektur sei hässlich, und selbst das französische Essen sei scheusslich geworden. All das trieb sie in die Arme von Le Pens rechtsextremem Front National. Später allerdings sagte sie sich halbherzig von der Nationalen Front los. Etwas naiv erklärte sie: «Da ich nie Politik machte, wusste ich nicht einmal, was rechtsextrem ist.»
Verheiratet war sie seit 1992 mit Bernard d’Ormale, einem Vertreter des Front National, von dem sie von Anfang an «hypnotisiert» war. Doch sie sagt auch: «Mein Mann hat das Recht zu denken, was er will. Er hat das Recht zu tun, was er will. Ich habe meine Meinungen, die ganz und gar nicht mit seinen übereinstimmen. Ich stehe rechts, das weiss man. Aber ich gehöre nicht zum Front National. Trotzdem bezeichnet man mich als Faschistin, Nazi und Braunhemd.»
Le Pen: «Jeanne d’Arc des 21. Jahrhunderts»
Bei den Präsidentschaftswahlen 2012 kämpfte sie für die Wahl von Marine Le Pen, der Parteivorsitzenden des Rassemblement national (Ex-Front National). Sie sei «die Einzige, die die Kraft und den Mut hat, die gegenwärtige Lage zu analysieren und anzuprangern». Später sagte sie in einem Paris Match-Interview: «Ich hoffe, Marine Le Pen rettet Frankreich. Sie ist die Jeanne d’Arc des 21. Jahrhunderts.»
Die letzten Jahre verbrachte sie zurückgezogen mit ihrem Mann und ihren Tieren in einem einstigen Fischerhaus in Saint-Tropez. «La Madrague» heisst das Anwesen. Sie hatte Brustkrebs und ging an Krücken. Sie erzählte, wie ihr kleiner Hund Fripouille Nacht für Nacht zwischen ihr und ihrem Mann schläft und wie sie am Morgen ihre 200 Tauben füttert. Und «wenn ich einem Hund in die Augen schaue, sehe ich das Antlitz Gottes».
«Ich hätte lieber einen kleinen Hund als ein Kind geboren»
Solange die Menschen die Tiere als minderwertig betrachten, will sie «nicht zu dieser unverschämten, blutrünstigen, menschlichen Rasse gehören», schrieb sie. «Ich denke nicht wie Menschen», sagte sie, «ich denke wie Tiere». Als sie ihren Sohn zur Welt brachte, erklärte sie: «Ich hätte lieber einen kleinen Hund als ein Kind geboren.»
«Ich habe meine Jugend und meine Schönheit den Männern gegeben, jetzt gebe ich meine Weisheit und meine Erfahrung den Tieren.» 1987 eröffnete sie auf dem Markt von Saint-Tropez einen Stand. Dort verkaufte sie alle Wertgegenstände, die sie von ihren Liebhabern und Männern erhalten hatte: das Hochzeitskleid von Roger Vadim, ihrem ersten Mann, Schmuck, den sie von Gunter Sachs bekommen hatte, eine Gitarre, Möbel, Silberbesteck. Das Geld setzte sie für den Tierschutz ein. «Ich habe mich von allem getrennt, um mich den Tieren zu widmen.»
Viele vernüntige Ideen
Sie hatte durchaus Erfolg. Der Verkauf von Robbenfellen wurde in Europa eingeschränkt. Sie liess streunende Hunde in Serbien impfen und kastrieren. In Chile baute sie ein Tierspital, in Bulgarien einen Tierpark. Sie liess die Massaker in den Schlachthöfen filmen und schockierte die Welt. Im Departement Somme überfiel sie bei Nacht und Nebel einen Stall und rettete 60 verhungernde Hunde, die sich selbst auffrassen. 2012 wurden zwei Zirkus-Elefanten «zum Tode verurteilt», weil sie angeblich krank waren. Brigitte Bardot verlangte vom französischen Präsidenten François Hollande, die Tiere zu begnadigen. Sollte er das nicht tun, drohte sie, würde sie wie Gérard Depardieu Frankreich verlassen und die russische Nationalität annehmen. Hollande rettete die Tiere.
Sie hatte viele vernünftige Ideen. Beim islamischen Opferfest Aïd el-Kebir würgt man die Schafe und schneidet ihnen bei Bewusstsein die Kehle durch. So will es der Koran. «Die Tiere leiden, schreien und langsam läuft ihnen das Blut aus», schrieb Bardot. Sie verlangte, dass die Schafe vor dem Töten mit einem Elektroschock betäubt werden, damit sie nicht leiden. Doch mit dieser Forderung konnte sie sich nicht durchsetzen.
Begraben beim Tierfriedhof
Ihre Anhänger bezeichnen sie als die «Mutter Theresa der Tiere» oder als «Passionara der Seehunde». Nur bei Tieren finde sie Frieden. Eigentlich sei sie als Tier geboren, ihre Reaktionen seien «tierisch, nicht menschlich». Sie kritisierte die Kritik an ihr. «Man wollte Brigitte Bardot als Sexbombe, aber nicht als Tierschützerin.»
Sie selbst hatte bereits den Ort ausgesucht, wo sie jetzt begraben wird. «Neben meinem kleinen Tierfriedhof in Saint-Tropez.» Auch nach ihrem Tod wird sie bei ihren Hunden sein.
*) Brigitte Bardot: «Larmes de combat» (mit Anne-Cécile Huperelle), Éditions Plon, Paris, 2018 (auf französisch), auch als E-Book
Mit Material früherer Berichte von Heiner Hug über Brigitte Bardot