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Italien

Der Direktor arbeitet zu viel

5. März 2016
Heiner Hug
Die Gewerkschaften protestieren, weil der Chef mehr arbeitet als sein fauler Vorgänger.

Der Königspalast von Caserta liegt 40 Kilometer nördlich von Neapel. Das wuchtige Barockschloss, die Residenz der Bourbonen, gilt als das „Versailles Italiens“. Von hier aus regierten ab 1752 die Bourbonen über ihr „Königreich der beiden Sizilien“, dem Neapel angehörte. Der Palast mit seinem hundert Hektar grossen Schlossgarten ist ein Touristenmagnet und wird jährlich von Zehntausenden besucht.

Der aus Bologna stammende Mauro Felicori war kürzlich vom italienischen Kulturminister Dario Franceschini zum Generaldirektor des Schlosses ernannt worden.

Er ist kein Faulpelz, und da liegt das Problem.

Mauro Felicori im Schloss von Caserta (Foto: Facebook)
Mauro Felicori im Schloss von Caserta (Foto: Facebook)

Protest beim Kulturminister

Wie die neapolitanische Zeitung „Il Mattino“ schreibt, schrieben die gewerkschaftlich organisierten Angestellten des Schlosses dem italienischen Kulturminister einen bösen Brief.

In dem Schreiben wird beklagt, dass der neue Direktor zu viel arbeitet – zu lange vor allem. Er bleibe, wird kritisiert, bis in den späten Abend im Schloss.

Es gebe klar vorgeschriebene Arbeitszeiten, erklären die Gewerkschaften. Doch der Chef respektiere sie nicht und gefährde damit das „gesamte Funktionieren des Schlosses“.

Etwas früher als vorgeschrieben

Auch aus einem andern Grund gefällt den Angestellten die lange Büropräsenz von Mauro Felicori nicht. Frühere Direktoren verliessen den Arbeitsplatz immer etwas früher als vorgeschrieben. Das erlaubte auch den Angestellten, etwas früher Feierabend zu machen. Damit ist jetzt Schluss.

Auch gingen frühere Direktoren, wie in Italien üblich, am Freitag beizeiten ins Weekend und fuhren nach Rom oder Neapel, wo sie wohnten. Doch Felicori fährt am Wochenende nicht nach Bologna, er bleibt in Caserta, besucht archäologische Stätten in der Gegend und berichtet darüber auch auf Facebook.

"Mit dem Schlendrian ist es vorbei"

Die Präsenz des neuen Direktors hat bereits positive Folgen. Im vergangenen Monat ist die Zahl der Besucher des Schlosses um 70 Prozent gestiegen. Und dies ohne zusätzliche Werbung und ohne zusätzliche Veranstaltungen. Wegen des Schlendrians und Krankheitsmeldungen waren früher immer wieder weite Teile des Palastes geschlossen worden. Reggia di Caserta ist eines der grössten Schlösser Europas.

Reggio di Caserta, Palazzo Reale
Reggio di Caserta, Palazzo Reale

Der rabiate Protest brachte den Gewerkschaften landesweite Häme ein. Für Ministerpräsident Matteo Renzi war alles ein gefundenes Fressen. „Die Gewerkschaften müssen sich bewusst sein, dass der Wind gedreht hat. Mit dem Schlendrian und dem geruhsamen Leben ist es vorbei“.

Und selbst Susanna Camusso, die knallharte italienische Gewerkschaftschefin, erteilte ihrer Sektion in Caserta einen Verweis. Camusso, Generalsekretärin des Nationalen Gewerkschaftsbundes Cgil erklärte, „wenn man einen Fehler gemacht hat, muss man ihn zugeben“. Und: „Diese Gewerkschaften haben einen Fehler gemacht“.

Verhöhnte Arbeitsmoral

Die Frage bleibt, wieso gelangte die ganze Angelegenheit an die Öffentlichkeit. Nicht ausgeschlossen ist, so munkelt man, dass der Kulturminister, der den Protestbrief der Gewerkschaften erhielt, Renzi informierte. Und dieser, der sich "Verschrotter des alten Italiens" nennt, packte die Gelegenheit, ging in die Offensive und verhöhnte die süditalienische Arbeitsmoral.

Das Ganze hat zusätzlich etwas Gutes. Die Öffentlichkeit erfährt wieder einmal, dass sich in Reggia di Caserta ein phantastisches Schloss befindet, das man besuchgen kann - vorausgesetzt, das Personal ist nicht schon nach Hause gegangen.

Das Versailles Italiens
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