Direkt zum Inhalt
  • Politik
  • Kultur
  • Wirtschaft
  • Gesellschaft
  • Medien
  • Über uns
close
Euro

Blick in die Zukunft

18. Juli 2011
René Zeyer
Wenn die Vernunft oder die Einsicht ins Notwendige siegen würde, sind folgende Entwicklungen zu erwarten. Falls das eintritt, haben Sie es hier zuerst gelesen. Falls nicht, werden wir sowieso grössere Probleme haben.

Setzen wir die Einsicht in die Vergeblichkeit aller «Rettungsmassnahmen» gegen einen Bankrott Griechenlands voraus. Daraus folgt: Die EU – sei das in Gestalt der Europäischen Zentralbank (EZB) oder des Rettungsfonds EFSF (European Financial Stability Facility) – übernimmt sämtliche ausstehenden griechischen Anleihen zum Marktwert. Der beträgt aktuell im Schnitt 40 Prozent des Nominalwerts. Gläubiger, die nicht zu diesem Preis verkaufen wollen (oder können), werden ihrem Schicksal überlassen. Banken, die durch diesen Abschreiber in die Bredouille geraten, wird geholfen. Das ist hässlich, würde aber helfen, die drohende Kernschmelze des europäischen Finanzsystems zu vermeiden. Damit wäre vor allem eines erreicht: Statt untauglichem Gebastel und fehlender Einsicht ins Notwendige und Unvermeidbare wüssten alle, woran sie sind.

Schritt zwei: Bankrott

Mit dieser Massnahme wäre Griechenland in der Lage, endlich den längst überfälligen Staatsbankrott geordnet durchzuführen, ohne dass vielen ausländischen Gläubigern das Dach wegfliegt. Ein kompetentes Experten-Komitee unterstützt Griechenland bei der raschen Abwicklung der Pleite. Da faktisch nur noch die EU (bzw. die EZB oder die EFSF) ausländischer Gläubiger Griechenlands ist, lässt sich das relativ einfach bewerkstelligen. Der Haircut, also der Abschreiber auf den ursprünglichen Wert der Griechenpapiere, wird dann zwischen 30 bis 80 Prozent betragen. Bitter für die Steuerzahler in Frankreich und Deutschland, aber immerhin: Ein Ende mit Schrecken statt ein Schrecken ohne Ende.

Schritt drei: Zurück zur Drachme

Griechenland tritt aus der EU aus, in die das wirtschaftliche Drittweltland sowieso nie hätte eintreten dürfen, und führt wieder die Nationalwährung Drachme ein. Der Wechselkurs Drachme – Euro stützt sich auf den damaligen Kurs beim Eintritt in den Euro, allerdings um 50 Prozent abgewertet, denn natürlich müssen auch die Griechen ihren Anteil am Schlamassel tragen. Statt Gewurstel, Chaos und Hinausschieben des Unvermeidlichen wären das die sinnvollen Schritte, um Siechtum, Panik und Lichterlöschen zu vermeiden. Natürlich müssten sie ohne Ankündigung, schnell und konsequent erfolgen.

Schritt vier: der Rest

Portugal und Irland wird es anheim gestellt, den gleichen Weg zu beschreiten. In Anbetracht der im Vergleich zu Griechenland bedeutend geringeren Abschreibern bei deren Anleihen sollte das relativ problemlos machbar sein. Spanien hat sich mittlerweile zu einem scharfen Sparkurs verpflichtet, auch dort wird das gleiche Prozedere in Betracht gezogen. Das gilt ebenfalls für Italien. Wobei man nicht vergessen darf, dass sich China als Devisenweltmeister bei diesen beiden Ländern bereits verpflichtet hat, beizuspringen. Natürlich nicht uneigennützig, aber als stabilisierender Faktor.

Was es dazu braucht

Wenn man die reichlichen Erfahrungen aus Firmensanierungen auf das Euro-Schlamassel anwendet, ist das der einzig gangbare Weg, der lediglich vier Begleiter braucht: Viel Geld, das von Fachleuten verwaltet wird, den Mut zur grossen Lösung, schnelles Handeln und keine Tabus. Schliesslich hat ja nicht in erster Linie Griechenland das Schlamassel angerichtet, sondern die EU. Sie nahm die Hellenen in den Euro auf, entgegen allen klaren Richtlinien, schaute dem Geschummel und allen Verstössen jahrelang zu und kaufte dann sogar noch absaufende Griechenpapiere.

Alternativlos

Bei diesem überschaubaren und sinnvollen Vorgehen gilt zudem das Wort, das von Eurokraten als Erklärung für ihr wirres Gehampel missbraucht wird: Es ist alternativlos. Das bedeutet leider nicht, dass dieser Weg sofort beschritten werden wird. Man kann natürlich weiterhin versuchen, den lebenden Leichnam Griechenland wachzuküssen und die Augen vor dem Offensichtlichen zu verschliessen: Griechenland kann seine aktuellen Schulden niemals zurückzahlen, heute nicht und in Zukunft nicht. Es gibt keine Perspektiven, alleine die Zinszahlungen durch eine entsprechende Steigerung der Wirtschaftsleistung zu begleichen. Weitere staatliche Sparmassnahmen führen nur ins Elend und zu Volksaufständen. Das wäre die Alternative. Aber will das wirklich jemand?

Letzte Artikel

Musk demaskiert. Das Internet als Herrschaftsinstrument

Ali Sadrzadeh 5. Dezember 2025

Wie weiter mit dem Klimaschutz?

Jörg Hofstetter 5. Dezember 2025

Der Papst und der Patriarch von Istanbul in Nizäa – Nur der Kaiser fehlte

Erwin Koller 4. Dezember 2025

EU berechenbarer als USA

Martin Gollmer 4. Dezember 2025

Dröhnendes Schweigen um Venezuela

Erich Gysling 1. Dezember 2025

Spiegel der Gesellschaft im Wandel

Werner Seitz 1. Dezember 2025

Newsletter abonnieren

Abonnieren Sie den kostenlosen Newsletter!

Abonnieren Sie den kostenlosen Newsletter!

Zurück zur Startseite
Journal 21 Logo

Journal 21
Journalistischer Mehrwert

  • Kontakt
  • Datenschutz
  • Impressum
  • Newsletter
To top

© Journal21, 2021. Alle Rechte vorbehalten. Erstellt mit PRIMER - powered by Drupal.