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Landwirtschaft Schweiz

Aus Prinzip gegen grüne Gentechnik

25. Mai 2025
Christoph Zollinger
Christoph Zollinger
Rösti Diskussion Gentech
Kommissionssprecherin Estelle Revaz (SP-GE) diskutiert bei der Debatte um das Gentech-Moratorium mit Bundesrat Albert Rösti. (Bild von 6. März 2025, Keystone, Alessandro della Valle)

Die Angst vor Genmanipulationen und ihren unbekannten, unbeherrschbaren Folgewirkungen ist nach wie vor virulent. Obschon es längst sinnvolle und erfolgreich praktizierte Anwendungen gibt, hält die Politik in der Schweiz an prinzipieller Ablehnung fest. 

Eigentlich hätte das Gentech-Moratorium der Schweiz Ende 2024 enden sollen. Es gilt seit 2005 und verbietet den Einsatz gentechnisch veränderter Organismen in der Landwirtschaft. Nicht überraschend hat der von Bauern dominierte Nationalrat aber einer erneuten Verlängerung bis 2030 zugestimmt. Für die Mehrheit dieser Damen und Herren hat die Botschaft von 179 Nobelpreisträgern verschiedenster Disziplinen keinen Einfluss auf ihre Haltung zur Gentechnik. Obgenannte Wissenschaftler haben in einem offenen Brief die sture Haltung gegenüber grüner Gentechnik als «Verbrechen gegen die Menschlichkeit» bezeichnet. 

In der Schweiz verboten: Genom-Editierung

Das Verfahren der Genom-Editierung mittels Genschere Crisp/Cas9 erlaubt es, «DNA-Bausteine im Erbgut einer Pflanze einfacher und präziser als mit herkömmlichen Methoden umzubauen, und das, ohne artfremde Gene einzuführen» (Tages-Anzeiger). Pflanzen besitzen – anders als wir Menschen – kein Immunsystem; sie sind durch ihre Gene resistent oder nicht. Dies ist ein Grund, weshalb heute weltweit etwa die Hälfte möglicher Ernten durch Viren vernichtet wird – ein stichhaltiges Argument für jene, die – wie der Schweizerische Bauernverband – immer wieder auf die Wichtigkeit der einheimischen Nahrungsmittelversorgung hinweisen. 

Stellt man zudem in Rechnung, wie oft heute Ernten durch neue, klimabedingte Wetterkapriolen beschädigt oder gar vernichtet werden, müsste man die Methode der Genom-Editierung eigentlich begrüssen: In zwei Jahren kann gezielt nur das, was man ändern will, vorgenommen werden, während es bei früheren Methoden gerne mal zwölf Jahre dauerte, bis Resultate erzielt werden konnten.

Der Bundesrat reagiert

Nun beabsichtigt der Bundesrat, diese neue Gentechmethode zuzulassen, allerdings mit einem Spezialgesetz inklusive Deklarationspflicht. Einerseits plant der Bundesrat, sich damit den Plänen der EU anzuschliessen, andererseits will er in einigen Punkten eine restriktive Sonderregelung. Diese «Risikoprüfung» lässt aufhorchen: Soll etwa doch noch die Möglichkeit offengelassen werden, trotz prinzipieller Zulassung von Fall zu Fall nein sagen zu können? Unser Umweltminister, Albert Rösti, begründet das Vorgehen so: «Wir wollen eine behutsame Öffnung, die die Wahlfreiheit der Konsumenten gewährleistet» und «die Schweiz ist bei den Gesetzesarbeiten der EU voraus» (Tages-Anzeiger). 

Nachdem die Bauern unter Führung ihres Bundesrats Rösti diesem neuen Verfahren nun – als Ausnahme – positiv gegenüberstehen, könnte man sagen: Na, endlich! 

Grosse Verfahrensfortschritte 

Tatsächlich hat die Gentechnik in letzter Zeit grosse Fortschritte gemacht. Bei diesen NGT-Pflanzen (neue genomische Techniken) liegen jeweils nur geringe Veränderungen des Erbguts vor – vergleichbar mit solchen, die auch in der Natur vorkommen. Bei den alten Verfahren dürfen zum Beispiel Pflanzen Gene von fremden Organismen enthalten. Darum bleiben diese in der Schweiz weiterhin verboten.

Wenn wir uns an den verregneten Sommer 2024 erinnern, als Kartoffeln massenhaft auf den Feldern verfaulten, oder an 2023, als Hitze und extreme Trockenheit (Klimawandel) das Wachstum der Kartoffeln reduzierten, wird klar, weshalb nun die Bauern dieses neue Verfahren begrüssen. Nicht zuletzt dürfte damit auch der Einsatz von Pestiziden zurückgehen.

Ewige Zweifler

Nach wie vor stur gegen solche Innovationen ist der Verein für gentechnikfreie Lebensmittel. Wie immer warnt er vor unerforschten Auswirkungen auf Menschen und Tiere. Er unterstellt dem Bundesrat, dieser wolle verschleiern, dass es sich auch bei diesen Verfahren um Gentech handle. Das Bundesamt für Justiz ist derselben Meinung. Schade! Auch Beamte sollten irgendwann ihre Meinung ändern können, schliesslich sind wir im 21. Jahrhundert. Wer diffuse Ängste in der Bevölkerung schürt, sollte sich klar sein, dass damit der Forschung generell geschadet wird.

Wenn diese neuen Verfahren weiterhin Fortschritte machen, ergibt sich ein grosses Potenzial. Tatsächlich ermöglichen sie eine nachhaltigere Landwirtschaft. Übermässiger Gebrauch von Pflanzenschutzmittel beschäftigt die Schweizer Bevölkerung seit vielen Jahren, auch in Hinsicht auf den Gewässerschutz.

Und: Was hierzulande jetzt bewilligt werden soll, ist in anderen Ländern längst erprobter Alltag – ohne negative Auswirkungen.

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